Kommentar EU-Abstimmung Glyphosat: SPD ausnahmsweise standhaft

Deutschland musste sich dank der Sozialdemokraten enthalten. Das könnte für das Pestizid der Anfang vom Ende sein. Und das ist gut so.

Fahrradfahrer radelt durch ein leuchtend gelbes Rapsfeld. Die Pflanzen stehen so hoch, dass das Rad selbst nicht sichtbar ist

Rapsfelder werden oft nach der Ernte mit dem Unkrautvernichter Glyphosat besprüht Foto: ap

Dieses Mal haben sie uns nicht verraten, die Sozialdemokraten. Dank ihres Vetos enthielt sich Deutschland am Montag bei der EU-Abstimmung über eine neue Zulassung für das unter Krebsverdacht stehende Pestizid Glyphosat. Da nicht die nötige Mehrheit für den Unkrautvernichter zustande kam, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Erlaubnis Ende Juni ausläuft. Und das ist gut so.

Denn anders als Agrarminister Christian Schmidt (CSU) behauptet, sprechen wissenschaftliche Erkenntnisse für ein Verbot der Chemikalie. Glyphosat hat im Tierversuch Tumoren verursacht. Auch deshalb hat die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation das Mittel als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit hat Glyphosat keinesfalls klar für unbedenklich erklärt. Sie hält eine Krebsgefahr nur für „unwahrscheinlich“. Das ist ein bisschen vage bei einer Chemikalie, die das meist genutzte Pestizid ist und immer wieder im Essen auftaucht.

Zwar sind die Rückstände gering, aber die EU-Zulassungsverordnung für Pestizide verbietet „wahrscheinlich krebserregende“ Mittel unabhängig von der Dosis. Auch dass die Krebsforschungsagentur Dieselauspuffgase oder alkoholische Getränke als krebserregend klassifiziert, ist kein Argument für Glyphosat. Wenn der Staat uns nicht ausreichend vor Diesel schützt, rechtfertigt das nicht, uns zusätzlich mit riskanten Pestiziden zu belasten. Und niemand wird gezwungen, Alkohol zu trinken. Pestizide dagegen landen durch Abdrift von konventionellen Feldern manchmal sogar in Biolebensmitteln.

Ein Glyphosat-Verbot wäre eine Chance, weil es die konventionelle Landwirtschaft verteuern und damit den Preisabstand zum Ökolandbau verringern würde. Dazu muss die SPD aber standhaft bleiben – auch bei der Abstimmung im EU-Berufungsausschuss, die nun wohl folgt. Erst dann wird sich zeigen, wie verlässlich die Sozialdemokraten wirklich sind.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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