Revolutionäre 1.-Mai-Demo in Berlin: Streit über 300 Meter Revolution

Gegen die ihnen zugeteilte Route ziehen die Veranstalter der 1.-Mai-Demo in Berlin vor Gericht. Die Polizei erwartet ein friedliches Wochenende.

Bagger fällt Maibaum

Aktivisten errichten Barrikaden beim 1. Mai im bayerischen Baierbrunn (Archivfoto) Foto: dpa

BERLIN taz | Damit die Revolution klappt, soll in Berlin die Justiz helfen: Der Anmelder der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration, die traditionell um 18 Uhr beginnt, haben am Mittwoch nach eigenen Angaben Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht. Der Grund: Die von der Polizei zugeteilte Route wollen die Veranstalter nicht hinnehmen.

Auf den ersten Blick geht es dabei nur um 300 Meter: So viel weiter westlich, nämlich am Moritzplatz statt am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg, soll die Demonstration laut Auflagenbescheid der Polizei beginnen und von dort einen Schlenker durch den Bezirk Mitte nehmen.

Doch der verschobene Auftaktort und dieser Schlenker sind entscheidend in der ideologisch aufgeladenen Diskussion: Das Bündnis möchte im Herzen des ehemaligen Postbezirks SO 36 mit seiner für den 1. Mai und die linke Szene insgesamt großen Bedeutung demonstrieren.

Die Polizei lehnt das unter Verweis auf das auch in diesem Jahr dort stattfindende Straßenfest Myfest ab: Da die 18-Uhr-Demo als „störanfällig“ eingestuft werde, könne sie aus Sicherheitsgründen nicht quer durch das Fest führen, zu dem erneut Zehntausende BesucherInnen erwartet werden.

Das will das Demobündnis nicht akzeptieren: „Das Myfest ist eine staatlich organisierte Gegenveranstaltung zu unserer Demonstration, die Kreuzberg in einen unpolitischen Ballermann verwandeln soll“, sagt Bündnissprecher Marko Lorenz. Die Demonstration werde sich die geplante Route durch das Fest nicht verbieten lassen – egal wie das Verwaltungsgericht in den kommenden Tagen urteilt.

Myfest-Veranstalter einverstanden

Die Myfest-Veranstalter selbst hatten in den vergangenen Wochen mehrmals betont, nichts gegen die vom Demonstrationsbündnis anvisierte Route zu haben. Nachdem im letzten Jahr ein Anwohner gegen das mittlerweile zu einer Massenveranstaltung samt ihrer unangenehmen Begleiterscheinungen – Müll auf der Straße, Urin in den Hauseingängen – gewordene Myfest geklagt hatte, wehren sich die Veranstalter vehement gegen den Vorwurf, ein unpolitisches Massenbesäufnis zu organisieren.

Als Reaktion auf die Kritik soll das Myfest dieses Jahr sowohl kleiner als auch politischer ausfallen, so das Versprechen. In diesem Zusammenhang ist wohl auch die Einladung an die 18-Uhr-Demonstration zu sehen – auch wenn diese für die Einschätzung der Polizei faktisch keine Rolle spielt.

Müll auf der Straße,

Urin in den Hauseingängen

Obwohl am 1. Mai in Berlin seit Jahren keine nennenswerten Krawalle mehr stattfinden, hält die Polizei an ihrem massiven Kräfteaufgebot fest: Auch in diesem Jahr werde man wieder mit rund 6.500 BeamtInnen im Einsatz sein, kündigte der Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt am Mittwoch auf einer Pressekonferenz an.

Überfüllung statt Krawalle

Kandt und Innensenator Frank Henkel (CDU) zeigten sich aber zuversichtlich, dass der Trend zu einem Rückgang der Gewalt anhalte. Um das Myfest vor Überfüllung zu schützen – möglicherweise die größte Herausforderung in diesem Jahr –, will die Polizei die Zugänge zum Fest schon früher als bisher schließen lassen.

In Hamburg, wo KrawallfreundInnen in den letzten Jahren noch eher auf ihre Kosten kamen als in der Hauptstadt, richtet sich die Polizei hingegen auf Ausschreitungen ein. Linke Gruppen rufen hier bereits für den Samstagabend zu einer überregionalen Demonstration auf, die Polizei rechnet deswegen bereits in der Walpurgisnacht mit Krawallen.

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