Offizielles Bürgerkriegsende im Südsudan: Warlords zurück auf Start

Die Rückkehr des Rebellenführers Riek Machar als Vizepräsident beendet offiziell den Bürgerkrieg – aber nicht Gewalt und Machtkämpfe.

Riek Machar und Salva Kiir und weitere Männer in Anzügen und Uniformen stehen still und hören der Nationalhmyne zu

Juba, Präsidentenpalast, Dienstag: Riek Machar (im bunten Hemd) und Salva Kiir (mit Hut) Foto: dpa

BERLIN taz | Offiziell ist Südsudans Bürgerkrieg, der seit Ende 2013 mehrere Zehntausend Tote gefordert und über zwei Millionen Menschen in die Flucht getrieben hat, jetzt vorbei. Rebellenführer Riek Machar, der im Dezember 2013 die Waffen gegen die Regierung von Präsident Salva Kiir erhoben hatte, wurde am Dienstagabend in der Hauptstadt Juba wieder als Vizepräsident vereidigt, nachdem die UN-Mission im Südsudan (Unmiss) ihn am Nachmittag aus Äthiopien eingeflogen hatte.

Machar war schon einmal Vizepräsident: Als Südsudan 2011 nach langem Befreiungskampf unabhängig wurde, regierten Kiir und Machar das Land gemeinsam. Aber im Sommer 2013 führte die Entlassung des Nuers Machar durch den Dinka Kiir zur Spaltung der regierenden ehemaligen Befreiungsbewegung SPLM (Sudanesische Volksbefreiungsbewegung). Es folgten Kämpfe zwischen rivalisierenden Fraktionen der Präsidentengarde, ethnische Massaker, Machars Rückzug in die Guerilla und Krieg. Erst im August 2015 einigten sich die Streithähne bei Gesprächen in Äthiopien, ihr Verhältnis zu kitten und eine neue Regierung der Nationalen Einheit zu bilden.

Die feierliche Rückkehr Riek Machars nach Juba ist nun der erste konkrete Schritt zur Umsetzung dieser Friedensvereinbarung. Möglich wurde sie erst, nachdem das Gros der Regierungstruppen aus Juba ins Umland zurückgezogen wurde und die UN-Mission begann, 1.370 Rebellen in die Hauptstadt zu fliegen. Zuletzt hatte ein Massaker an Angehörigen von Machars Nuer-Volksgruppe in Äthiopien alles noch einmal infrage gestellt.

„Ich will eine neue Seite aufschlagen, zusammen mit dem Präsidenten“, sagte Riek Machar am Dienstagabend bei seiner Amtseinführung. Präsident Kiir bedankte sich beim südsudanesischen Volk für dessen „Geduld“. Er sagte, nun gebe es keinen Grund mehr für Opposition in Südsudan.

Unzählige Kleinkriege

Die Verbrüderung zwischen zwei alten Warlords beendet zwar den „großen“ Krieg im Südsudan, nicht aber die unzähligen Kleinkriege zwischen bewaffneten Gruppen, die sich infolge des Zusammenbruchs von Südsudans Staatlichkeit im ganzen Land gebildet haben. Mit Selbstjustiz und ethnischen Vertreibungen heizen sie ein Klima der Unsicherheit an, das sich längst verselbstständigt hat. Die größte Herausforderung für Kiir und Machar wird nun sein, das Land gemeinsam zu befrieden – und ihre jeweiligen Truppen davon abzuhalten, Zivilisten der Volksgruppe des anderen zu jagen.

Daran wird sich am Ende messen, ob der Friedensprozess auch den Menschen nützt und nicht nur den Politikern. Noch immer leben rund 190.000 Zivilisten im Südsudan als Flüchtlinge in UN-Basen, geschützt von den rund 12.000 Blauhelmen der UN-Mission Unmiss. Der jüngste Vierteljahresbericht der Mission von Mitte April moniert ein von der Regierung geschaffenes „Umfeld von Straflosigkeit und Einschüchterung“ gegen UN-Personal.

James Okuk, Politologe

„Die Politik fort­setzen wie bisher, aber weniger blutig“

„Das Friedensabkommen hatte zum Ziel, die Waffen schweigen zu lassen und dann die Politik fortzusetzen wie bisher, aber weniger blutig“, schreibt der südsudanesische Politologe James Okuk in einer Analyse von Riek Machars Rückkehr. „Aber Rieks Rückkehr nach Juba wird kein Business-as-usual, denn er wird ein mächtiger Vizepräsident.“ Das könne zu neuen Konflikten führen. Als Vorteil des Friedensprozesses sei hingegen zu werten: „Als Rebell in den Busch zu laufen, wenn man sich als Politiker nicht durchsetzt, wird nicht mehr toleriert werden.“

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