Grüne diskutieren über Steuerpolitik: Realos gegen Vermögensteuer

Grüne aus dem Südwesten kritisieren den Vorschlag, eine Vermögensteuer wieder einzuführen. Sie wollen eine Reform der Erbschaftsteuer.

Zwei Hände, die 500-Euro-Scheine halten

In der Debatte der Grünen geht es um Vermögen, die das hier weit übersteigen Foto: dpa

BERLIN taz | Die Grünen streiten über die richtige Steuerpolitik. Führende Vertreter des Realo-Flügels wenden sich gegen die Idee, eine Vermögensteuer in Deutschland einzuführen. „Ich habe ein Déjà-vu und kann nur davon abraten, die Steuerpolitik erneut zum Thema des üblichen Flügelstreits zu machen“, sagte Hessens Fraktionschef Mathias Wagner am Donnerstag der taz. Mit Blick auf das schlechte Wahlergebnis der Grünen im Bund 2013 fügte Wagner hinzu: „Das ging vor der letzten Bundestagswahl schon mal schief.“

Auch der Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek äußerte Kritik. „Die Vermögensteuer ist kaum mehr als ein Placebo-Vorschlag“, sagte er. Für ihre Einführung gebe es keine politischen Partner. Außerdem lenke sie von den eigentlichen Herausforderungen ab. „Zum Beispiel davon, wie wir zu einer wertschöpfungsstarken Erbschaftsteuer kommen und dazu, Kapitalerträge progressiv zu besteuern“, argumentierte Janecek.

Mehrere Spitzengrüne hatten zuvor in der taz die Wiedereinführung einer Vermögensteuer in Deutschland gefordert. Parteichefin Simone Peter, der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter und Fachpolitiker aus der Bundestagsfraktion wollen mit diesem Instrument das oberste Prozent sehr reicher Menschen besteuern, um eine bessere staatliche Infrastruktur zu finanzieren. Hofreiter sagte wörtlich: „Trotz guter Steuereinnahmen brauchen wir viel Geld für Wohnungsbau, Integration oder faire Löhne in Kitas und Schulen.“

„Wer glaubt, die Ungleichheit in Deutschland mit einer Vermögensteuer reduzieren zu können, jagt einem Phantom hinterher“, sagte Andrea Lindlohr, Fraktionsvize in Baden-Württemberg und Wirtschaftspolitikerin. Die Grünen sollten stattdessen die Instrumente nutzen, die wirksam und effektiv seien. „Reformen bei der Erbschaft- und der Einkommensteuer sind relevant, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.“ Die Gegner der Vermögensteuer weisen auch auf den hohen Bürokratieaufwand hin. So sei es etwa schwer, Privat- und Betriebsvermögen zu trennen.

Die Grünen haben solche Differenzen in den vergangenen Monaten unter der Decke gehalten. Kein öffentlich ausgetragener Streit sollte den Wahlkampf von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann stören. Doch jetzt ist es mit der Ruhe vorbei. Die Frage der Vermögensteuer markiert eine wichtige inhaltliche Differenz in der Ökopartei.

Andrea Lindlohr, Grüne

„Die jagen einem Phantom hinterher“

Während die einen mit einer Vermögensteuer Reichtum von oben nach unten umverteilen wollen, halten die anderen ihre Reanimation für aussichtslos. Gerade die realpolitisch orientierten Grünen im Südwesten der Republik plädieren dafür, sich lieber auf eine Erbschaftsteuer und die Abgeltungsteuer zu konzentrieren. Auf bestehende Instrumente also, die eine viel geringer Verteilungswirkung haben.

Kretschmann verhandelt im Moment eine grün-schwarze Koalition. Er wollte sich auf taz-Anfrage nicht zu dem Streit über die Vermögensteuer äußern.

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