Südkorea wählt neues Parlament: Angst vor Nordkorea prägt die Wahl

Umfragen sehen die konservative Saenuri-Partei von Präsidentin Park Geun Hye bei der Wahl am Mittwoch vorn. Das linke Lager ist zersplittert.

Park Geun-hye

Südkoreas Präsidentin und Diktatorentochter Park Geun-hye Foto: ap

SEOUL taz | Vor der Parlamentswahl am Mittwoch gibt Südkorea ein geradezu düsteres Bild ab: Die Jugendarbeitslosigkeit ist auf einem Rekordhoch, die Exporte brechen wegen Chinas lahmender Wirtschaft ein und die Gesellschaft ist zutiefst gespalten. Das bestimmende Wahlthema liegt jedoch im Norden: „Die aktuellen Spannungen mit Nordkorea mobilisieren das klassische Klientel der konservativen Regierungspartei“, sagt Robert Kelly, Politologe der Pusan National University.

Die älteren Südkoreaner, aufgewachsen im Kalten Krieg, wählen größtenteils mit geradezu blindem Gehorsam die Saenuri-Partei von Präsidentin Park Geun Hye. Sie sind streng antikommunistisch und werden vom ambivalenten Umgang der linken Opposition mit dem Kim-Regime im Norden abgeschreckt.

US-Politologe Kelly, der vor rund zwanzig Jahren zu Zeiten der Regierung Helmut Kohls im Bundestag gearbeitet hat, vergleicht die Saenuri-Partei mit der bayerischen CSU.

Mit korrupter Elite aufräumen

Dass die Oppositionsparteien jetzt keinen Erfolg erwarten können, ist hauptsächlich selbstverschuldet: 2014 spaltete sich der beliebte frühere Software-Entwickler Ahn Cheol Su von der linksgerichteten Minjoo-Partei ab und gründete die Neue Volkspartei. Er inszeniert sich als eine Art koreanischer Steve Jobs, der mit den angestaubten und korrupten Parteieliten aufräumen will.

Vor allem aber zersplittert Ahn die Oppositionsstimmen. Eine Umfrage von Gallup Korea Ende März ergab 37 Prozent für die Saenuri-Partei, 21 für Minjoo und 12 für die Neue Volkspartei.

Das aussagekräftigste Ergebnis wird wohl die Wahlbeteiligung sein, die um 50 Prozent erwartet wird. Besonders unter der jungen Generation macht sich Resignation breit. Für sie steht die Politikelite für die grassierende Korruption im Land.

Es gibt kaum Wahlen in Südkorea ohne handfesten Skandal: So stellte sich bei der letzten Präsidentschaftswahl im Nachhinein heraus, dass Südkoreas Geheimdienst mittels gefälschter Twitter-Profile über 1,2 Millionen Botschaften gesendet hatte, um die Wahl zugunsten der konservativen Park zu beeinflussen.

„Zahnstocher-Gesetz“ gegen Stimmenkauf
Robert Kelly, Politologe

„Die Spannungen mit Nordkorea mobilisieren Konservative“

Die Wahlkommission erklärte den ausländischen Korrespondenten die Wahlvorgänge jetzt ganz genau. Besonders stolz sei man auf das sogenannte „Zahnstocher“-Gesetz: Im Wahlkampf sei es Politikern inzwischen untersagt, potenziellen Wählern Mahlzeiten als Stimmenfang zu servieren. Nur kleine Snacks, die man mit Zahnstochern auflesen kann, seien noch erlaubt.

Doch der Besuch bei der Wahlkommission hinterlässt einen faden Beigeschmack: Dort behauptet Generalsekretär Kim Yong Hi, sein Land könne „auf nahezu siebzig Jahre Demokratie“ zurückblicken. Er nennt den Militärputsch 1961 von Park Chung Hee, Vater der jetzigen Präsidentin, eine „politische Revolution“.

Das verhöhnt die Opfer der totalitären Regime bis 1987, als Südkorea im Vorfeld der Olympischen Spiel erstmals freien Wahlen abhielt. Gleichzeitig zeigt dies die anhaltende historische Spaltung im Land.

Seismograf für Präsidentschaftswahl 2017

Die Parlamentswahl gilt vor allem als Seismograf für die Präsidentschaftswahl 2017. Mit dieser scheidet auch Park Geun Hye aus dem Amt, das auf jeweils eine fünfjährige Legislaturperiode beschränkt ist.

Laut Kelly wird Park vor allem wegen einer vertanen historischen Chance in Erinnerung bleiben: „Als Frau im Präsidentenamt hätte sie endlich etwas für die Frauenrechte tun können“.

Die Kluft zwischen Männern und Frauen ist in Südkorea unter allen OECD-Staaten am größten, gleichzeitig leidet das Land unter der niedrigsten Geburtenrate aller großen Volkswirtschaften.

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