NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe: Die V-Leute waren das Problem

Beim neuen NPD-Verbotsverfahren sind erneut V-Leute Thema. Der erste Versuch, die NPD zu verbieten, scheiterte 2003 genau daran.

Viele Richter in

Und? Sind alle Spitzel abgeschaltet worden? Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts beschäftigt sich derzeit mit dem NPD-Verbotsverfahren. Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Die Idee hatte Bayerns damaliger Innenminister Günter Beckstein (CSU). Im Sommer 2000 schlug er völlig überraschend ein Verbot der NPD vor. Nach einigem Hin und Her schloss sich die ganze Bundespolitik dem Vorschlag an. Sowohl Bundesregierung als auch Bundestag und Bundesrat beantragten beim Verfassungsgericht das Verbot der NPD.

Im Februar 2002 sollte in Karlsruhe eine fünf-tägige mündliche Verhandlung über die Anträge stattfinden. Dazu hatte das Verfassungsgericht 14 Auskunftspersonen geladen, darunter auch einige NPD-Funktionäre. Zwei Wochen vor der Verhandlung kam aber heraus, dass einer der geladenen NPD-ler, Wolfgang Frenz, V-Mann des Verfassungsschutzes war. Das Gericht wollte von der Bundesregierung Genaueres erfahren, doch diese mauerte. Da sagten die Richter die Verhandlung kurzerhand ab.

In den folgenden Wochen räumte die Bundesregierung ein, dass bis zu 15 Prozent der NPD-Vorstandsmitglieder in Bund und Ländern zugleich als Informanten für den Verfassungsschutz arbeiteten. In Nordrhein-Westfalen waren sowohl der NPD-Landesvorsitzende Udo Holtmann als auch sein Stellvertreter Wolfgang Frenz V-Leute – für verschiedene Verfassungsschutz-Ämter. In den Verbotsanträgen waren immerhin Aussagen von neun V-Leuten als Beleg für die Verfassungswidrigkeit der NPD zitiert. Eine vollständige Liste der V-Leute wollten die Behörden zum Schutz ihrer Quellen aber nicht in den Prozess einführen.

Im Oktober 2002 lud das Verfassungsgericht zu einem Erörterungstermin, um zu klären, wie das Verfahren weitergehen kann. Trotz großspuriger Ankündigungen von NPD-Anwalt Horst Mahler konnte die Partei nicht belegen, dass der Staat „Gewalt in die Partei getragen“ habe. Nicht einmal eine inhaltliche Steuerung durch V-Leute ließ sich nachweisen. Die V-Leute scheinen also tatsächlich nur Informanten gewesen zu sein, die gegen Geld beim Geheimdienst über ihre Gesinnungsgenossen plauderten.

Die Frage der Abschaltung von V-Leuten in der NPD hat auch den Auftakt der neuen Verhandlung über ein Verbot der rechtsextremen Partei geprägt. Die NPD hat vor dem Bundesverfassungsgericht eine Einstellung des Verbotsverfahrens wegen Verfahrenshindernissen gefordert. Es gebe keine Beweise dafür, dass die V-Leute der Verfassungsschutzbehörden tatsächlich abgeschaltet worden seien, sagte NPD-Anwalt Peter Richter am Dienstag in Karlsruhe. Bestätigungen der Länder dazu halte er nicht für glaubwürdig.

Zuvor hatte das Verfahren mit Befangenheitsanträgen gegen mehrere Verfassungsrichter begonnen. Die NPD-Anwälte lehnten unter anderem den früheren saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller und den ehemaligen Thüringer Innenminister Peter Huber (beide CDU) als Richter ab. Das Verfahren wurde aber zunächst nicht unterbrochen, weil das Gericht erst am Dienstagmittag über die Anträge entscheiden will. (afp/dpa/taz)

Es sorgte deshalb für Erstaunen, dass das Verfassungsgericht das Parteiverbotsverfahren im März 2003 einfach einstellte. Zwar war nur eine Minderheit der Richter für die Beendigung, doch sie hatten eine Veto-Position, da im Parteiverbotsverfahren jede für die Partei nachteilige Entscheidung von mindestens sechs Richtern getroffen werden muss.

Nach Ansicht der maßgeblichen Richterminderheit hatten die V-Leute eine „doppelte Loyalität“, weil sie sowohl für die Partei als auch für den Verfassungsschutz gearbeitet hätten. Damit sei die NPD in dieser für sie existenziellen Situation „im Kern geschwächt“ gewesen. Während der Vorbereitung des Verfahrens hätten die V-Leute abgeschaltet werden müssen, monierten die Richter. Und soweit Aussagen von ihnen in den Anträgen auftauchten, hätte man diese ausdrücklich als V-Mann-Aussagen kennzeichnen müssen.

An diese Vorgaben versuchte sich nun auch der Bundesrat in seinem neuen Antrag zu halten. Bundesregierung und Bundestag hatten nach den Erfahrungen von 2002/03 jedoch genug und verzichteten diesmal auf eigene Verbotsanträge.

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