Bremen: Legionellen-Alarm: Tückisches Bakterium

In Bremen treten erneut gehäuft Legionellen-Erkrankungen auf. Nun setzten die Behörden Druckmittel gegen Unternehmen ein, bei denen die Quelle liegen könnte

Der Bremer Westen: Hier irgendwo lauern die Legionellen. Foto: Archiv

BREMEN taz | Die Suche nach der Quelle für die Legionellen-Erkrankungen wird verschärft: Seit heute gilt eine sogenannte „Allgemeinverfügung“ auf Grundlage des Bundesimmissionsgesetzes, erklärt Ronny Meyer, Staatsrat des Senators für Umwelt. Sie betreffe etwa hundert Unternehmen im Bremer Westen, in dem aufgrund von Patientenaussagen die Quelle für die Erkrankungen vermutet wird.

Wie auch bei einem Ausbruch vor zwei Jahren in Jülich handelt es sich vermutlich um eine gewerblich betriebene Klimaanlage. Solche Anlagen müssen nun aufgrund der Verfügung bei der Gewerbeaufsicht gemeldet werden. Andernfalls droht eine Strafe von 50.000 Euro.

Damit keine weiteren Ansteckungen möglich sind, müssen die Anlagen umgehend fachgerecht desinfiziert werden. Geschehe dies nicht, werde die Stilllegung angeordnet, so Meyer.

Die bisherige Suche nach der Quelle gestalte sich sehr schwierig. „Wir stochern sehr im Nebel“, beschreibt Jörg Henschen von der Gewerbeaufsicht die Lage. Auf den letzten Aufruf der Gewerbeaufsicht hätten sich nur zwei Unternehmen gemeldet. Innerhalb der letzten Woche erkrankten drei weitere Personen schwer. Seit dem 18. Februar wurden insgesamt zwanzig Betroffene registriert, von denen ein Mann im Alter von 84 Jahren starb. Sieben Erkrankte liegen auf der Intensivstation, zwei von ihnen in kritischem Zustand. Sechs Patienten konnten aus dem Krankenhaus entlassen werden, teilte Monika Lelgemann vom Gesundheitsamt mit.

Legionellen sind Bakterien, die im Süßwasser vorkommen und die Lunge befallen. Infektionen passieren durch Einatmen von zerstäubtem Wasser, beispielsweise von Duschen, Whirlpools oder Klimaanlagen.

In den vergangenen Jahren waren Kühltürme häufig Quellen für größere Legionellen-Epidemien. Rückkühlanlagen geben Wasserdampf in die Luft ab, in dem die Bakterien auch bei Temperaturen um die null Grad gut überleben können.

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt. Laut Bremer Gesundheitsamt sind Menschen mit einem schlechten Abwehrsystem, wie Ältere oder Raucher, gefährdet. „Das Bakterium versteckt sich auch gerne in Amöben und ist deshalb sehr robust“, erklärt Gesundheits-amts-Mitarbeiterin Monika Lelgemann.

Trotz der verschärften Maßnahmen könne es jedoch länger dauern, bis die Quelle ausfindig gemacht werde. Es sei auch nicht sicher, ob sie überhaupt gefunden wird, gibt Staatsrat Meyer zu bedenken. Bisher lägen 44 Proben aus insgesamt 16 Betrieben vor, weitere kämen täglich hinzu. Auch die Ergebnisse der Eigenkontrollen von Unternehmen werden aus Sicherheitsgründen noch einmal überprüft. Das Nachweisen von Legionellen ist jedoch sehr schwierig. Erste Ergebnisse erwartet das Gesundheitsamt frühestens in einer Woche.

Im November trat der Bakterienstamm zum ersten Mal in Bremen auf. Nachdem zunächst nur Symptome wie bei einem normalen grippalen Infekt auftreten, können sich anschließend lebensgefährliche Lungenentzündungen entwickeln. Bei den letzten Häufungen im November erkrankten neunzehn Personen und es starb ebenfalls ein 84-Jähriger. Es handelt sich aktuell um die selbe Art von Legionellen, sehr wahrscheinlich auch um die selbe Quelle, so Lelgemann.

Die Zurückhaltung der Unternehmen könne darauf zurückführbar sein, dass dem Verursacher im schlimmsten Fall ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung drohe und die Firma geschlossen werde, erklärt Meyer. In anderen Städten wurden die Verfahren aber bisher immer fallengelassen. Bislang sind Kühlanlagen nicht meldepflichtig. Als Reaktion auf bundesweit mehrere Legionellen-Ausbrüche in jüngerer Zeit hat das Bundesumweltministerium im Januar einen ersten Entwurf für eine Verordnung für Verdunstungskühlanlagen vorgelegt. „Wir müssen immer noch darauf warten, dass sie endlich in Kraft tritt“, kritisiert Meyer. Dann nämlich wären Allgemeinverfügungen wie die ab heute gültige nicht notwendig – und die Bekämpfung von Legionellenquellen effektiver.

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