IS-Miliz in Libyen: Ein Wettlauf gegen die Zeit

Die Anti-IS-Koalition warnt vor der Ausbreitung der Dschihadisten. US-Außenminister John Kerry drängt auf schnelles Handeln.

Mehrere Männer an Pick-up-Trucks mit schweren Waffen

Milizen kontrollieren weite Teile des Landes. Foto: dpa

BERLINtaz | Fast fünf Jahre nach Beginn des Aufstands gegen Muammar al-Gaddafi könnte die südliche Mittelmeerküste schon bald erneut Schauplatz eines internationalen Militäreinsatzes sein. In Rom warnten die Teilnehmer einer Konferenz zur Bekämpfung des „Islamischen Staates“ (IS) am Dienstag vor der Expansion der Dschihadisten, die in immer größerer Zahl in die libyschen Trainingscamps strömen.

An der fast 300 Kilometer langen Mittelmeerküste kontrolliert der IS zwar kein zusammenhängendes Gebiet, hat aber ein ausgeklügeltes Netzwerk, Lager und Schmuggelrouten entwickelt. US-Außenminister John Kerry drängte in Rom auf schnelles Handeln, „denn das Letzte, was wir wollen, ist ein falsches Kalifat mit Zugang zu millionenschweren Öleinkünften“.

Nach der Übernahme der Hafenstadt Sirte im Sommer konnte der IS bis zu den Ölquellen südlich von Aschdabija vordringen. Auch in Bengasi im Osten gingen die Extremisten, deren Nachschubroute von der Türkei über das Mittelmeer und die Hafenstadt Misrata führt, in die Offensive. Aufgrund des seit 2011 bestehenden Waffenembargos und der Spaltung des Landes in einen Ost- und einen Westteil scheint die libysche Armee gegen die etwa 5.000 Mann starke Terrortruppe chancenlos zu sein.

Armeegeneral Khalifa Hafter hat schon mehrmals die völlige Befreiung von Bengasi, Libyens zweitgrößter Stadt, versprochen. Mit der Eroberung der strategisch wichtigen Pepsi-Fabrik stellten die meist in afghanischer Kleidung und lange Bärten auftretenden Kämpfer des IS und von Ansar al-Scharia am Dienstag Hafters Großspurigkeit bloß. 22 Soldaten starben im Bezirk Laithi bei der Explosion eines Sprengsatzes.

Regierung oder Einmarsch

Nach dem Scheitern der von der UNO unterstützten Einheitsregierung von Fayez al-Sarraj stehen auch die internationalen Diplomaten unter immer stärkerem Druck. Das 33 Minister starke Kabinett war letzte Woche von der Mehrheit des international anerkannten Parlaments in Tobruk abgelehnt worden. Nun tagen parallel zu dem Treffen in Rom die libyschen Delegationen im marokkanischen Konferenzort Skhirat.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Wenn es nicht bald eine handlungsfähige Regierung gibt, werden die Militärs den Startbefehl für eine zweite Intervention erhalten. Doch selbst wenn der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, seinen Friedensplan umsetzen kann, werden europäische Soldaten auf libyschen Boden stationiert werden.

Kaum ein Diplomat geht davon aus, dass al-Sarraj oder sein möglicher Nachfolger in die von Milizen kontrollierte Hauptstadt Tripolis ohne Absicherung ausländischer Militärs zurückkehren kann. Bis zu 5.000 italienische und 1.000 britische Militärtrainer könnten zusammen mit Milizen eine Art Grüne Zone für Regierung und Diplomaten vor Anschlägen schützen. Einige Milizen in Tripolis haben bereits angekündigt, jede ausländische Intervention zu bekämpfen.

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