Kommentar Angebliches Politiker-Attentat: Wirren in Wismar

Der angebliche Anschlag auf den Linke-Jungpolitiker Julian K. wird zur Parteiposse. Die Nazis freut das. Fraktionschef Bartsch muss jetzt Klartext reden.

Dietmar Bartsch auf dem Landesparteitag in Gägelow

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch steht dem angeblichen Opfer nahe. Foto: dpa

Dietmar Bartsch kennt einen Mann, der den Unterschied macht. Sein Name ist Julian K. und er kennt die Wahrheit. Aber Dietmar Bartsch will ihn nicht anrufen. Der Fraktionschef der Linksfraktion im Bundestag riskiert gerade seinen Ruf. Es geht um ein dubioses Geschehnis und eine Linkspartei, die kuscht und mauert.

Am Montag hat die Schweriner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den in Wismar studierenden Nachwuchspolitiker Julian K. eingeleitet – wegen des Verdachts der Vortäuschung einer Straftat. K. hatte behauptet, vergangene Woche von Rechtsradikalen überfallen und mit 17 Messerstichen verletzt worden zu sein.

Zweifel an seiner Version sind inzwischen mehr als berechtigt. Wenn die Vorwürfe gegen ihn stimmen, so mag es vielleicht schlechte Gründe dafür geben, weshalb sich ein 18-Jähriger so verhalten hat. Eines aber geht nicht: Dass eine Partei sich an der Vertuschung beteiligt – und damit ausgerechnet den Nazis allen Grund zur Häme gibt.

Es war die Linkspartei, die mit Solidaritätserklärungen und forschen Forderungen sofort zur Stelle war, als K.s Behauptungen in die Welt kamen. Dietmar Bartsch, der seinen Wahlkreis in Wismar hat, der das vermeintliche Opfer, das nun mutmaßlich eher Täter ist, selbst kennt und der auf einem Foto Arm in Arm mit Julian K. zu sehen ist, stand dabei in der ersten Reihe.

Antiaufklärerisches Verhalten

Und wer sich aktiv an der Verbreitung von Fehlinformationen beteiligt, muss später auch helfen, die Wahrheit zu ermitteln – oder Zweifel auszuräumen. Wer allerdings versucht, den Kreisverband oder auch Dietmar Bartsch aus Wismar nach dem Sachstand zu fragen, hört nur einen Satz: Jetzt solle erstmal der Staatsanwalt ermitteln.

Hinterher könne man das Ergebnis dann ja bewerten. Wie durchsichtig, wie fadenscheinig. Wenn dann nichts zu beweisen sein wird, haben es ohnehin alle vergessen. Nein, so geht das nicht.

Dass eine Linkspartei sich angesichts der Lage nur in Vertuschung übt, ist antiaufklärerisch; es ist übrigens auch gegenüber Julian K. verantwortungslos. Wer so gegen Rechts kämpfen will, muss gar nicht erst anfangen.

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