Müller resümiert Situation am Lageso: „Wir werden jeden Tag besser“

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller gibt Versäumnisse bei der Unterbringung der Flüchtlinge zu und bittet um Verständnis, dass nicht alles von heute auf morgen klappe.

Über seine Zukunft muss die CDU entscheiden, findet der Regierende Bürgermeister: Gesundheitssenator Mario Czaja Foto: reuters

Der Regierende Bürgermeister von Berlin hat eingeräumt, dass es zu Problemen bei der Unterbringung der Flüchtlinge gekommen ist. „Ich gebe zu, manches hätte früher passieren können und auch müssen“, sagte Müller am Dienstag in der Talksendung „Brinkmann & Asmuth“ auf tv.berlin. „Aber wir werden jeden Tag besser, weil auch ich als Regierender Bürgermeister tätig bin“. Er habe sich zum Beispiel persönlich darum gekümmert, dass private Dienstleister sowie ehemalige Post-Beamte, die zuletzt bei der Telekom tätig waren, ab Januar die Mitarbeiter im völlig überlasteten Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) unterstützen werden.

Müller, der vor fast genau einem Jahr zum Regierenden Bürgermeister gewählt worden war, wies die Kritik zurück, er habe sich zu spät um die seit Monaten dramatische Lage am Lageso gekümmert. Schließlich sei nicht immer alles Chefsache. Es müsse einem Regierenden Bürgermeister auch erlaubt sein zu sagen, „ich habe einen Senator, ich erwarte, dass er vor Ort seine Dinge regelt“.

Außerdem habe es intern Hilfestellung durch das Rote Rathaus gegeben. Wenn es aber über Wochen und Monate keine Veränderung gebe, „muss es auch mal eine personelle Konsequenz geben“, so Müller. Die von ihm Anfang Dezember geforderte und durchgesetzte Ablösung des Lageso-Chefs Allert sei „überfällig“ gewesen.

Ob er auch den verantwortlichen Sozialsenator Mario Czaja (CDU) ablösen wollte, ließ Müller offen. „Das hätte die CDU beantworten müssen, wie sie damit umgeht“. Spielereien mit Personalentscheidungen im Senat, Streitereien und Koalitionsausschüssen wolle er soweit wie möglich verhindern. Er glaube, die Leute wollten nicht, dass mit dem Flüchtlingsthema Parteipolitik gemacht wird. „Die sagen: Macht euren Job! Macht ihn so, dass es möglichst gut ist für die Leute.“

Turnhallen sollen wieder frei werden

Das eigentliche Problem sei auch nicht die Erstunterkunft für die Neuankommenden, betonte Müller. „Wir bringen doch jeden Tag 500 Leute unter“. Es gebe genug Lagerhallen und Bürogebäude. Allerdings brauche man meist ein paar Wochen oder Monate, um die Gebäude zum Beispiel mit Sanitäranlagen auszustatten. „Diese Zwischenzeit muss ich überbrücken mit Messehallen, mit Turnhallen, vielleicht mit Zelten“.

Sein Ziel sei aber, auch die gerade 46 von insgesamt 1.000 Berliner Turnhallen, die derzeit für die Flüchtlingsunterbringung belegten sind, wieder freizubekommen. „Ich kann nur nicht versprechen, dass das morgen ist oder nächste Woche“.

Das größte Aufgabe aber komme danach. „Was wirklich schwierig zu organisieren ist, ist das Angebot an Lehrern und die Wohnversorgung“, sagte Müller. „Alles diskutiert sehr aufgeregt über die Erstaufnahmen, aber das eigentlich spannende Thema ist: was machen wir die nächsten Jahre mit den Menschen?“ Da brauche das Land Berlin Hilfe vom Bund, etwa um Lehrer oder Integrationslotsen qualifizieren zu können, „damit die den Flüchtlingen helfen können“.

Trotz der offensichtlichen Differenzen bei der Flüchtlingspolitik wollte Müller von einer Krise in der rot-schwarzen Koalition nichts wissen. Es werde immer behauptet, er und der CDU-Landeschef und Innensenator Frank Henkel würde nicht miteinander reden. „Das ist großer Quatsch“, sagte Müller. „Wir telefonieren, wir treffen uns, wir gehen zusammen essen. Aber wir müssen nicht zusammenziehen, warum auch?“

Deshalb wolle er auch die Fortsetzung der Koalition mit der CDU nach der Abgeordnetenhauswahl im September 2016 nicht ausschließen. „Das ist eine arbeits- und handlungsfähige Koalition, die man weiterführen kann“. Aber es gebe auch andere Möglichkeiten. „Ich schließe nichts aus“, betonte Müller.

Politik muss gelassener mit Bürgerinitiativen umgehen

Für die Zukunft wünsche er sich eine selbstbewusste, internationale Hauptstadt, die nicht nur von den Kreativen und Start-ups lebe, sondern auch eine Stadt der Arbeit werde. „Mir ist es wirklich wichtig, den 180.000 Arbeitslosen in der Stadt zu sagen, es gibt für euch eine Perspektive, dass ihr Arbeit habt und davon leben könnt“, betonte der Sozialdemokrat.

Außerdem müsse die Stadt mit der wachsenden Dynamik umgehen. „Wir gehen heute davon aus, dass bis zum Jahr 2030 400.000 Menschen zusätzlich in die Stadt kommen – ohne Flüchtlinge“, sagte Müller. „Das heißt, wir müssen noch schneller bauen, Gesundheitsangebote schaffen“.

Dass das nicht immer konfliktfrei geht, zeigen die vielen Bürgerinitiativen, die sich gegen Neubauten in ihrem Umfeld wehren. Einen Königsweg für den Umgang damit gebe es nicht, sagte Müller. „Man muss von Ort zu Ort gucken, wer sind die Partner, wer sind die Gegner und wie reagiert man darauf“. Das sei mitunter schwierig für beide Seiten. „Politik muss lernen, ich auch, gelassener zu werden“, sagte Müller. „Wenn die Bevölkerung sagt, lass Tempelhof so wie es ist, dann muss man das auch mal akzeptieren und nicht gleich als Angriff werten oder als pauschale Absage an jede Baupolitik“. Allerdings müssten auch die engagierten Bürger akzeptieren, dass ein gewähltes Parlament dafür da ist, Entscheidungen zu treffen.

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