Kritik am Bundestagsbeschluss: Studierende gegen Syrien-Einsatz

Studierende der Friedens- und Konfliktforschung wenden sich gegen den Syrien-Einsatz. Es gebe zu viele Interessen in der Region.

viele Politiker, darunter Angela Merkel, an einer Wahlurne

Für den Syrien-Einsatz gibt es eine große Mehrheit im Bundestag – aber Kritik bei Studierenden. Foto: dpa

BERLIN taz | Sie sind die SicherheitsexpertInnen von morgen. Und sie sind gegen den am Freitag beschlossenen Syrieneinsatz der Bundeswehr. In einem offenen Brief erklären Fachschaften der Friedens- und Konfliktforschung aus Marburg, Tübingen und Frankfurt, weshalb sie ein überstürztes Eingreifen in Syrien für falsch halten. Unterzeichnet ist der Aufruf von zahlreichen ProfessorInnen, KommilitonInnen und dem ehemaligen Koordinator des UN-Entwicklungsprogramms im Irak, Hans-Christof von Sponeck.

Nach dem Beschluss des Bundestags sind Valeria Hänsel und Tim Bader, beide Mitglieder des Fachschaftsrates Marburg, erschrocken und enttäuscht: „In drei Tagen wurde der Einsatz im Bundestag durchgepeitscht, wichtige ExpertInnen wurden nicht gehört“, sagen sie. Es gebe keine Strategie der Bundeswehr, wichtige Fragen seien nicht geklärt.

Die Studierenden werfen den Abgeordneten vor, sich über die Anzahl der unterschiedlichen Interessen in der Region nicht im Klaren zu sein. Russland verfolge beispielsweise ganz andere Ziele als die europäischen Staaten oder die KurdInnen.

„Die Lage in Syrien hat sich mit den Anschlägen von Paris nicht grundsätzlich gewandelt,“ sagt Tim Bader. „Die Begründung für den Einsatz lautet: Wir in Europa müssen uns schützen, die Bevölkerung in Syrien ist uns egal.“ Die Studierenden fürchten, es könnten ZivilistInnen sterben oder in die Hände des IS getrieben werden.

Es gäbe auch nicht-militärische Maßnahmen

Vollkommen unklar sei zudem die Rolle des syrischen Präsidenten Assad in dem Konflikt. Verteidigungsministerin von der Leyens Äußerung, es werde keine Lösung mit Assad geben, trauen sie nicht. „Letztlich kann der IS ohne Bodentruppen nicht geschlagen werden,“ sagt Tim Bader. „Und dafür kommen Assads Truppen am ehesten in Frage.“

In dem Brief sprechen sich die Studierenden für nicht-militärische Strategien gegen den „Islamischen Staat“ aus: Die Unterbindung des Ölschmuggels etwa, der eine große Einnahmequelle des IS ist, oder einen Stopp der Waffenlieferungen an Staaten, die den IS unterstützen.

Vor allem aber müsse es einen Dialog mit allen Beteiligten geben. „Wichtig ist, dass sich alle Akteure an einen Tisch setzen und gemeinsam überlegen, wie der IS zu bekämpfen ist,“ sagen Bader und Hänsel übereinstimmend. Die Vereinten Nationen müssten dabei eine wichtige Rolle spielen.

Dort ist noch keine Entscheidung über ein militärisches Eingreifen gefallen. Die jüngst verabschiedete Resolution des Sicherheitsrates rechtfertigt keine militärischen Mittel nach Kapitel VII der UN-Charta. Die Luftangriffe von Frankreich, den USA und Russland basieren letztlich nicht auf der UN-Resolution, sondern auf eigenen Argumentationen. Vor allem Frankreich beruft sich nach den Anschlägen von Paris auf das Recht auf Selbstverteidigung nach Art. 51 der UN-Charta.

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