Hamburgs Grüne knasten um: Von einem Knast zum anderen

Im März ziehen Hamburgs weibliche Strafgefangene nach Billwerder um. Die Grünen waren einst dagegen, nun macht das ihr eigener Justizsenator.

Spaziergang: Vor dem Frauengefängnis in Hamburg, Hanhoefersand. Foto: dpa

HAMBURG taz | Sie war lange Zeit umstritten, nun steht sie unmittelbar bevor: Die Verlegung des Hamburger Frauenstrafvollzugs von Hahnöfersand nach Billwerder. Noch vor Ostern, sagt Justizsenator Till Steffen (Grüne), sollen die weiblichen Häftlinge umziehen; derzeit sind das 42 Straf- und 35 Untersuchungsgefangene.

Der Umzug war lange ein Streitthema. Die Kritiker, zu denen einst auch die Grünen zählten, befürchteten, dass die Unterbringung der weiblichen Häftlinge in einem Männer-Hochsicherheitsknast das bundesweit vorbildliche Resozialisierungskonzept von Hahnöfersand gefährde. Jeder Kontakt von Frauen und Männern, etwa bei gemeinsamen Arbeitsaktivitäten, könnte zu Konflikten, Abhängigkeiten oder gar sexualisierter Gewalt führen. Eine Zumutung zumal für Frauen, die vielfach unter Männergewalt zu leiden hatten, oder etwa von Männern zur Prostitution gezwungen wurden.

„Wir trennen Männer und Frauen so konsequent, dass es keine Begegnungen und kaum Sichtkontakt gibt“, erklärt der Senator mit Blick auf bauliche Maßnahmen wie Sichtblenden und zusätzliche Zäune. Für Räumlichkeiten, die von Insassen beider Geschlechter benutzt werden müssen, soll es je eigene Nutzungszeiten für Männer und Frauen geben. So steht es in einem verbindlichen Rahmenkonzept für die Anstalt, das der taz vorliegt.

Dass dieses „Trennungsgebot“ konsequent umgesetzt werde, kann sich etwa Martin Dolzer, justizpolitischer Sprecher der Linken, nicht vorstellen: „Das lässt die Anstalt, die etwa nur über einen Eingangsbereich verfügt, gar nicht zu.“ Für „eine gute Lösung mit vertretbaren Mitteln“ hält dagegen Senator Steffen das neue Konzept. Die Aufgabe, den Umzug umzusetzen, hatte der Grüne bei Amtsantritt vorgefunden. Nachdem auch die Gemeinschaftsbereiche vergrößert wurden und es größere – alternierend mit den Männern genutzte – Werkhallen gibt als in Hahnöfersand, sieht Steffen im Vergleich zur bisherigen Situation sogar Verbesserungen für die weiblichen Gefangenen.

Kooperation mit Schleswig-Holstein

Gut drei Millionen hat der Umbau von „Haus 3“ in der Anstalt Billwerder gekostet. Vielleicht gibt es bald einen Finanz-Nachschlag, um auch weibliche Gefangene aus Schleswig-Holstein hier unterzubringen: Eine Gefängnis-Kooperation zwischen Hamburg und dem Nachbarland ist im Werden, Konkretes könnte Anfang kommender Woche bekannt gemacht werden.

Aus Hamburger Sicht ist das Ziel die Schließung des bisherigen Frauen- und Jugendgefängnisses Hahnöfersand. Während die Frauen nach Billwerder umziehen, sollen Hamburgs jugendliche Straftäter nach Neumünster verlegt werden. Im Gegenzug nähme sich Hamburg jener weiblichen Gefangenen an, die zurzeit noch in Lübeck-Lauerhof untergebracht sind. Für alle dortigen Insassinnen reichen die geplanten Kapazitäten – 102 Haftplätzen für Frauen, davon 62 im Regelvollzug, 40 in der Untersuchungshaft – allerdings wohl nicht: In Hahnöfersand sind derzeit 77 Frauen in Haft, der Lübecker Frauentrakt ist auf insgesamt 63 Plätze ausgelegt.

Das weiß auch Hamburgs Justizsenator Till Steffen. Doch der nächste Bauabschnitt in der JVA Billwerder ist dem Vernehmen nach schon in Planung.

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