Kolumne Press-Schlag: Das Spielen der Anderen

Bislang kennen nur halbseidene Einrichtungen wie BND, NSA oder Stasi die Vorzüge der Überwachungstechnik. Warum eigentlich die Bundesliga nicht?

Bedröppelt stehen die Spieler von Werder Bremen nach dem 6 zu 0 auf dem Spielfeld.

Das war hart für die Elf aus Bremen: 6:0 gewinnt der VfL Wolfsburg Foto: dpa

Vermutlich ist alles nur eine große Verschwörung und die Fußballsommerpause dient gar nicht der Erholung der Spieler, sondern wurde einzig und allein dazu eingeführt, damit wir vergessen, wie furchtbar öde so eine typische Bundesligasaison im Grunde genommen doch ist.

Denn spätestens im November ist es soweit: Der Herbstmeister steht fest, und der ist bekanntlich der Meister, zumindest in diesem Jahr. Außerdem scheinen die Vereine, die man nicht ausstehen kann, schon wieder nicht das zu tun, was man von ihnen erwartet, nämlich so aussichtslos am Tabellenende zu rangieren, dass sie eigentlich schon abgestiegen sind. Und so kann man sich spätestens im Spätherbst auch gar nicht mehr erklären, warum man sich im Sommer eigentlich so gefreut hat, dass endlich wieder Fußball gespielt wird.

Zeit also, sich – nur unterbrochen von regelmäßigen „Tor in Wolfsburg“-Rufen während der Konferenzschaltung – Gedanken über eine große Merkwürdigkeit zu machen. Denn während der Fußball an sich trotz aller Traditionen durchaus innovationsfreudig ist und sich von hippen Textilfasern über angesagte Psychomoden bis hin zu neuesten Körperertüchtigungstrends gern alles aneignet, was gerade en vogue ist, hat man null Interesse an Hightech. Genauer: an Überwachungstechnik.

Dass bislang noch kein verzweifelter Vereinsboss oder Trainer darauf gekommen ist, die Gästekabine mit gut versteckter Abhörtechnik auszustatten, ist erstaunlich. Interessant könnte es doch immerhin sein, die Gegner zu belauschen und neben vielen blöden Fußballersprüchen vielleicht wichtige Details über den maximal eine halbe Stunde einsatzfähigen Starstürmer oder internen Zoff zwischen zwei Verteidigern zu erhalten.

Natürlich wäre eine solche Überwachung auch riskant, denn man würde sich dadurch erpressbar machen, aber andererseits: Was könnte das für wundervolle Skandale geben, zum Beispiel wenn ein aus irgendwelchen Gründen wütender Techniker sich eines Samstagsnachmittags dazu entscheiden würde, die Halbzeitansprache des gegnerischen Trainers live über die Stadionlautsprecher zu senden?

Die Überwachung der eigenen Spieler könnte dagegen mit Drohneneinsätzen erleichtert werden. Denn während Trainer früher einfach telefonisch überprüften, ob ihr kickendes Personal die Abende auch tatsächlich zu Hause verbrachte, können sie heute dank Handys nie ganz sicher sein, ob es auch wirklich auf der heimischen Couch sitzt oder nicht doch in irgendeiner Lounge gemütlich Champagner trinkt.

Drohnen anstatt Telefonüberwachung

Ein bisschen navigatorisches Geschick vorausgesetzt, könnte ein Bundesliga-Trainerstab mit nur wenigen Drohnen abends unbemerkt bei den Fußballern vorbeifliegen, statt peinliche Überwachungstelefonate (“Nein, wo denkst du hin, ich will dich nicht kontrollieren, ich wollte nur hören, ob du auch dran denkst, dass wir morgen gegen den Tabellenführer spielen“) zu führen.

Gut, dem VfB Stuttgart hätte die Vorabinformation, dass man beim FC Augsburg plant, ausnahmsweise ein Spiel zu gewinnen, wahrscheinlich nicht entscheidend weitergeholfen. Und auch Werder hätte in Wolfsburg mit ziemlicher Sicherheit selbst dann das 54. Eigentor geschossen (Bundesligarekord! aufgestellt), wenn man mittels wie auch immer gearteter Überwachung vorher von der Wolfsburger Taktik – reinmachen, was nur irgendwie geht – erfahren hätte.

Aber jetzt ist die große Verschwörung ja aufgeflogen und vielleicht wird’s dann ab sofort nicht mehr ganz so öde.

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