Buch über Fußballer George Best: Coverboy, Rebell, Sexsymbol

Pelé sagte über ihn: „Er war der beste Spieler, besser als ich.“ Der Nordire George Best ist eine Legende – nicht nur auf dem Platz.

Bild von George Best

Die British Royal Mail brachte sogar eine Georg-Best-Briefmarke heraus Foto: dpa

So etwas gehört ins Arsenal zeitgenössischer Sportjournalisten: Der eine ist der „letzte Straßenfußballer“, der andere der „erste Popstar des Fußballs“. Beide Titel werden inflationär vergeben, und wie wenig ernst dies fußballfeuilletonistische Gemunkel zu nehmen ist, lässt sich vermutlich daran ablesen, dass erst in diesem Jahr, 2015, zehn Jahre nach seinem Tod, eine deutschsprachige George-Best-Biografie erschienen ist.

Dabei war Best, den man zu seinen aktiven Zeiten ein wenig unbeholfen den „fünften Beatle“ nannte, der vermutlich wirklich erste Popstar: der Fußballer als Coverboy, als rebellisches Role-Model, als Sexsymbol. Das war George Best und by the way auch einer der besten Fußballer des 20. Jahrhunderts.

Dietrich Schulze-Marmeling, der, ehe er zum wohl kompetentesten deutschsprachigen Fußballautor avancierte, viel zum Thema Nordirland publizierte, stellt uns nun George Best vor. Er beschreibt seine Herkunft aus einer protestantischen nordirischen Familie, seinen Weggang nach Manchester, seine Strahlkraft in protestantische und katholische Milieus, seine einzigartige fußballerische Karriere mit Gewinn des Europacups der Landesmeister, aber ohne WM-Teilnahme und seine Krankheit – Alkoholismus –, an der er früh starb.

Schulze-Marmeling kann Bests Karriere in die „Troubles“, wie der nordirische Bürgerkrieg auf der Insel genannt wird, einbetten und so verständlich machen. So wird auch klar, dass die Bemühungen um ein gesamtirisches Team mit Spielern aus dem Süden und dem Norden – wofür sich Best immer einsetzte – nicht einfach aus Gründen der sportlichen Effizienz erfolgten, sondern hochpolitisch waren.

Und Schulze-Marmeling parallelisiert. Best, der Popstar, erscheint ihm vergleichbar mit zwei anderen prominenten Iren: Rory Gallagher, der Gitarrist und katholische Ire aus dem Norden der Insel, der aber noch zur Republik gehört, wurde wie Best auf der gesamten Grünen Insel verehrt. Voraussetzung bei beiden war, dass sie nach England gingen und dort berühmt wurden. Beide starben letztlich an ihrem Alkoholismus.

Van Morrisson und Rory Gallagher

Jimi Hendrix hatte einmal gesagt, wer den besten Gitarristen der Welt hören wolle, solle doch bitte nicht zu ihm gehen, sondern zu Rory Gallagher. Und von Pelé, der doch den meisten Beobachtern als bester Fußballer der bisherigen Geschichte gilt, gibt es diesen Ausspruch über George Best: „Er war der beste Spieler, besser als ich.“

Dietrich Schulze-Marmeling: „George Best: Der ungezähmte Fußballer“. Die Werkstatt, Göttingen 2015, 288 S., 16,90 Euro

Auch mit Van Morrisson vergleicht Schulze-Marmeling George Best. Der Sänger stammt wie Best aus einer proletarischen protestantischen Familie in Belfast. Die beiden sind sich öfters begegnet, und ihre Lebenswege ähneln sich frappierend.

Bei alldem vergisst der Autor den Fußball nicht, die Bedeutung Bests vor allem für Manchester United und die Nationalelf, seine diversen Engagements in den USA und bei teils niederklassigen Vereinen und seinen ständigen Ärger mit dem Fußballverband.

Wer Schulze-Marmelings Buch liest, erfährt nicht nur mehr über den Sportler George Best, versteht nicht nur den nordirischen Bürgerkrieg und die Schwierigkeiten des Friedensprozesses besser und erhält nicht nur eine größere Ahnung über die Bedeutung eines exzentrischen Kickers, nach dem in seiner Heimatstadt der Flughafen benannt wurde. Nein, letztlich vermittelt Schulze-Marmelings George-Best-Biografie ein tiefes Verständnis von der enormen Bedeutung des Fußballs für den Pop, für die Kultur und für die Gesellschaft eines ganzen Landes.

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