Wie Springer seine DFB-Buddies beschützt: Eine gruselige Allianz

Die WM 2006 gekauft? Der „Spiegel“ liefert Indizien. Sport1 und Springer stehen Beckenbauer, Niersbach und Co. sofort zur Seite. Gute Freunde halt.

Franz Beckenbauer und Alfred Draxler golfen

Man kennt sich: Franz Beckenbauer (l.) und „Sport Bild“-Chef Draxler beim Golfturnier. Foto: imago/bild13

Das Publikum applaudiert. Sport-Bild-Chefredakteur Alfred Draxler hat gerade die Spiegel-Geschichte über die WM 2006 „unprofessionell, unsachlich“ und „einfach unmöglich“ genannt. Und es klatschen tatsächlich fast alle. Willkommen im „Doppelpass“ bei Sport1. Hier wird nicht die Aufklärung gefeiert, sondern das Abwiegeln und Vertuschen: Das, lieber Spiegel, macht ihr nicht mit unserem Sommermärchen!

Draxler ist dafür der optimale Parolenbrüller. Und damit auch ja nichts schiefgeht bei der Hurra-DFB-Feier, wird ihm bei Sport1 auch kein Gegenpart an den Tisch gesetzt. Stattdessen hocken da noch Oliver Müller (vom Springer-Blatt Die Welt) und Tobias Holtkamp (vom Springer-Portal transfermarkt.de), der von „extrem dünnem Eis“ spricht, auf dem der Spiegel einbrechen werde. Zugeschaltet wird DFB-Mediendirektor Ralf Köttker, der bis zu seinem Seitenwechsel ebenfalls bei Springers Welt arbeitete. Der darf ungestört von Moderator Thomas Helmer die DFB-Sicht auf die Causa referieren. Man kennt sich. Man duzt sich. So einseitig kann Journalismus sein.

Schon am Freitag hatte Draxler den Kurs vorgegeben. Die Spiegel-Story war für ihn: „Ziemlich viel ‚mutmaßlich‘ und ‚offenbar‘!“ Im darauf folgenden Tweet widmete er sich dem ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. Am nächsten Tag steht in Bild ein Artikel über „Franz und die WM-Macher“. Die wichtigste Nachricht: „Zwanziger war zuständig für die Finanzen.“ Er gilt vielen als der wichtigste Informant der Spiegel-Rechercheure. Auch Draxler glaubt das und nennt die ganze Geschichte „einen Racheakt“ von Zwanziger, „der den DFB-Präsidenten vernichten will“. Bewiesen ist das nicht. Dennoch befasst sich Bild am Montag noch mal mit dem ungeliebten – weil in Opposition zum jetzigen DFB-Chef Wolfgang Niersbach stehenden – Zwanziger und nennt ihn den „Sommermärchen-Erzähler“.

Franz Beckenbauer hingegen spricht natürlich „Klartext“, wenn er sich gegen die Anschuldigungen wehrt. Und: “Bild erfuhr: Das Geld soll nichts mit der WM-Vergabe zu tun gehabt haben.“ Womit dann? Bild erfuhr oder sagt es nicht.

Reinwaschen der Beschuldigten

Das passt in(s) Bild: Denn um Aufklärung geht es nur vordergründig. Wichtiger ist das Unglaubwürdigmachen der Ausgangsgeschichte und das Reinwaschen der Beschuldigten. Wenn Günter Netzer über seine im Spiegel zitierte Bemerkung, mit dem Geld habe man „die vier Asiaten bezahlt“, sagt, das Zitat sei falsch, dann ist damit für Bild die Sache durch. Wenn Franz Beckenbauer zu Alfred Draxler am Telefon sagt, dass er niemanden bestochen habe, dann ist das für Draxler „glaubhaft“. Sache durch.

Offensichtlichsten Fragen scheint Bild allerdings nicht nachzugehen: Warum konnte Niersbach dem Spiegel gegenüber nicht kurzfristig ein paar Fragen zu den 6,7 Millionen Euro beantworten, behauptete aber kurz darauf, schon seit Sommer den Fluss des Geldes untersuchen zu lassen? Warum kann er sich an seine handschriftlichen Vermerke von 2004, die der Spiegel als Beleg für Zahlungen an den ehemaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus heranzieht, nicht erinnern, weiß aber, dass das Geld auf keinen Fall für Bestechungen geflossen sei? Für all das fand sich in der Bild am Samstag und am Montag kein Platz.

Um Aufklärung geht es nur vordergründig. Viel wichtiger ist das Unglaubwürdigmachen der Ausgangsgeschichte und das Reinwaschen der Beschuldigten

Verbringen Draxler und Co. mittlerweile das ganze Jahr im „Camp Beckenbauer“? Dort, in Kitzbühel, beim aufgeblasensten Lobby- und Werbetreff des Sportjahres, wo sich Anfang Oktober alles um die Krise des Fußballweltverbands Fifa drehte, war dem Sport-Bild-Chef aufgefallen, dass immer mehr auf Wolfgang Niersbach geschaut werde: „Er ist unverbraucht, er ist kompetent, er ist unbelastet.“ Auch der Draxler-Kollege und Sportressortleiter bei der Bild, Walter M. Straten, hatte sich früh auf Niersbach als künftigen Fifa-Präsidenten festgelegt und gefordert: „Herr Niersbach, treten Sie an!“ Doch der wollte nur Präsident des europäischen Verbands Uefa werden, wie Draxler weiß. Immerhin wäre das ja „wenigstens ein Anfang bei der Rettung unseres schönen Fußballs …“

Ein anderer Anfang bei der Rettung wäre Niersbachs Rücktritt. Doch dann wäre der Fußball nicht mehr so schön – zumindest nicht für Bild, Sport Bild und Sport1.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.