Kommentar Chaos bei der Flüchtlingsunterbringung: Gegen die Wand

Die Unterbringung der Flüchtlinge in Hamburg wird immer chaotischer. Alles deutet darauf hin, dass diese Zustände Methode haben.

Flüchtlinge willkommen - auch in Hamburg? Foto: privat

Es erfordert schon sehr viel Wohlwollen, der Hamburger Innenbehörde im konkreten Fall abzunehmen, es wäre angesichts der hohen Flüchtlingszahlen „schwer zu reagieren“. Wie glaubwürdig ist denn der Verweis auf die gern herbeizitierte Überforderung, wenn man die chaotischen Zustände in dem ehemaligen Baumarkt in Hamburg-Eidelstedt betrachtet?

Technisch gesehen offenbaren sich hier die Schwachstellen, ja, die Unfähigkeit des zuständigen Hamburger Hilfesystems, die für die Unterbringung zuständigen Stellen so miteinander zu koordinieren, dass es gar nicht erst zu derart chaotischen Zuständen kommt. Offenbar ist die Innenbehörde aber unfähig, die Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern von Fördern & Wohnen in die Hand zu nehmen. Dabei haben sich angesichts der steigenden Zahlen der Asylsuchenden bereits andere Träger angeboten, Unterkünfte für Flüchtlinge zu betreiben. Das strukturelle Problem hätte also schon längst gelöst werden können, indem man eben diese anderen Träger mit ins Boot holt.

Während man jetzt dabei zuschauen kann, wie die ersten Massenunterkünfte im Chaos versinken, muss man sich fragen: Fährt der Senat die Unterbringung also absichtlich gegen die Wand?

Aber wieso? Es geht wohl darum, zu zeigen: Seht her, mehr geht nicht! Ein Ablenkungsmanöver also, um den Unwillen als Unfähigkeit daherkommen zu lassen. Denn sollte es sich um ganz simples Missmanagement handeln, muss dieses Versagen, für das Innensenator Michael Neumann und Bürgermeister Olaf Scholz (beide SPD) verantwortlich sind, Konsequenzen haben. Beide üben sich aber im Abtauchen, wenn es darauf ankommt. Neumann, so sagt sein Sprecher, steht etwa tagelang nicht für Interviews zur Verfügung.

Die Frage aber, warum Hamburg es mittlerweile nicht einmal mehr schafft, Betten, Trennwände und sanitäre Einrichtungen aufzustellen und zu reinigen, bevor Flüchtlinge eine Unterkunft beziehen, kann die Innenbehörde nicht einfach achselzuckend unbeantwortet lassen. Vor allem dann nicht, wenn sich die Vermutung aufdrängt, dass der Senat die Betroffenen voreilig in absolut unzulängliche neue Unterkünfte gesteckt habt.

Die Antwort kann eigentlich nur sein, dass das Vorgehen der Behörde selbst Politik ist. Eine Politik, die ihr selbstgemachtes Chaos ganz willkommen heißt, um dann dichtmachen zu können.

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studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Ethnologie in Potsdam, Berlin und Mexiko-Stadt und schreibt seit 2009 für die taz. Sie volontierte bei der taz in Hamburg, war dort anschließend Redakteurin, Chefin von Dienst und ab Juli 2017 Redaktionsleiterin. 2019 wechselte sie in die Produktentwicklung der taz und ist verantwortlich für die Digitalisierung der täglichen taz.

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