Spitzenteam für Abgeordnetenhauswahl: Die grüne Viererbande

Lange haben sie gezögert, nun soll der Deckel drauf. Am Samstag wollen die Grünen ein Viererteam nominieren. Es soll die Partei in die Wahl 2016 führen

Zwei von vier: Die Berliner Grünen-Landesvorsitzenden Daniel Wesener und Bettina Jarasch Foto: dpa

W-05 steht oben rechts auf dem Papier für den Grünen-Parteitag am Samstag. Als fünfter Antrag unter „Weiteres“ rangiert er auf der Tagesordnung zwischen Papieren zu Ehrenamt und Gewerbemieten. Dabei trägt er die wichtigste Aussage des Partei­treffens in sich: Statt einer Spitzenkandidatin will eine Viererformation, bestehend aus Bettina Jarasch, Daniel Wesener, Ramona Pop und Antje Kapek, den Vorsitzenden des Landesverbands und der Fraktion, die Grünen in die Abgeordnetenhauswahl in 345 Tagen führen.

Lange hatten sich die Spitzen-Grünen offiziell bedeckt gehalten. „Die Partei wird im nächsten Frühjahr die Kandidatenliste aufstellen“, begegnete Fraktionschefin Ramona Pop noch im August im taz-Interview Gemunkel zu einer breiter gefächerten Aufstellung. Eine solche Mitgliederversammlung wird es zwar geben, und „die wird natürlich das letzte Wort haben“, beeilte sich Wesener als Landesvorsitzender am Mittwoch zu versichern. Aber die Aussage von W-05 ist klar: „Die beiden Landesvorsitzenden und die beiden Fraktionsvorsitzenden führen die Partei gemeinsam in den Wahlkampf und stehen an der Spitze unseres grünen Teams.“

Die Vierervariante ist ein Novum in der Berliner Grünen-Geschichte – und eine bewusste Gegenentscheidung zu dem auf eine Spitzenkandidatin zugeschnittenen Wahlkampf von Renate Künast 2011. Diese Wahl hatte mit einer schizophrenen Situation geendet: Zwar schnitten die Grünen mit 17,8 Prozent der Stimmen so gut ab wie nie zuvor in Berlin. Umfragen hatten ihnen aber noch fünf Monate vor der Wahl bis zu 30 Prozent und Chancen auf die Übernahme des Roten Rathauses zugeschrieben.

Der Absturz und die Verärgerung weiter Kreise der Partei spaltete fast die Grünen. Man kann an diesem Mittwochmorgen in der Parteizentrale schon an der Wortwahl spüren, wie sehr die Künast-Niederlage immer noch schmerzt. Jarasch spricht sehr distanziert von einer „starken personalisierten Zuspitzung auf eine Spitzenkandidatin in der jüngeren Vergangenheit“ – ohne Künast beim Namen zu nennen, die nur wenige Meter entfernt auf der selben Etage ihr Wahlkreisbüro hat.

Brauchen die Grünen im Wahlkampf nicht ein Gesicht? Nein, sagen sie

Vier Chefs also, wie soll das gehen? Sind die vier nicht zu unterschiedlich, um mit einer Stimme sprechen zu können? Die Antwort ist: nein. Seit 2011 machen Jarasch und Wesener vor, wie sich die Partei erfolgreich führen lässt, aller Lagerzugehörigkeit zum Trotz. Und es ist ja nicht so, als würden sich die beiden im Wahlkampf erstmals mit Pop und Kapek zusammensetzen.

In vergangenen Monaten war zu einem damals „rein theoretischen“ Vierermodell gelegentlich zu hören, in der Mehrköpfigkeit liege ja gerade der Vorteil – so könne die Partei vertreten, wer vom jeweiligen Thema am meisten Ahnung hat. Aber bräuchten die Grünen nicht auch ein Gesicht, das ihre Politik verkörpert? Schon damals haben die führenden Grünen diese Frage weggelächelt. Denn dieses Gesicht gab es ja hinlänglich im Künast-Wahlkampf.

Nicht weglächeln lässt sich allerdings die Frage: Welcher Name steht im März an Nummer 1 auf der Grünen-Landesliste? Denn bei diesem Formular der Landeswahlleitung gilt für die oberste Zeile wie für jede andere das Highlander-Prinzip: Es kann nur einen geben – vier passen nicht rein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.