Kelle als „Expertin“ für sexuelle Vielfalt: Gendergaga in Sachsen

Die Autorin Birgit Kelle wird bei einer Anhörung im Sächsischen Landtag von der CDU als Expertin für sexuelle Vielfalt nominiert. Was soll das?

Frau mit langen dunklen Haaren auf einer Demonstration mit lauter Männern

„Dann mach doch die Bluse zu“, heißt das Buch von Birgit Kelle (Mitte). Foto: blu-news.org (CC BY-SA 2.0)

BERLIN taz | Vom „Gendergaga“ redet sie gern. Und davon, dass eine „Demokratie der Mehrheit“ durch eine „Diktatur von Minderheiten“ abgelöst werden könnte: Birgit Kelle. Damit spielt die Autorin von „Dann mach doch die Bluse zu“ unter anderen auf Menschen an, die nicht so sind wie sie und ihr Mann: Heterosexuelle mit einer Familie mit vier Kindern.

Kelle ist bekannt für steile Thesen. In denen tritt sie vermeintlich für Gleichstellung ein, de facto tut sie das Gegenteil. Diese Birgit Kelle wird nun in Sachsen als Expertin gehandelt für die Frage, wie das Bundesland für „Akzeptanz der Vielfalt von Lebensweisen“ sorgen kann, mit einem Aktionsplan: Wie kann das ostdeutsche Bundesland es schaffen, Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans* nicht zu stigmatisieren? Wie können Homo- und Transphobie vermieden werden? Wie kann man schon in der Schule aufklären?

Vorbild sind die Bildungspläne für sexuelle Vielfalt, wie sie in Bremen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin existieren. In Baden-Württemberg führte die Nachricht, das Land wolle einen entsprechenden Bildungsplan einführen, zu heftigen Protesten.

Sachsen will jetzt mit einem Bildungsplan nachziehen, so haben es CDU und SPD im Koalitionsvertrag 2014 vereinbart. Passiert ist seitdem aber nicht viel. Das dauert der sächsischen Linkspartei alles zu lange, daher hat sie für den Montagvormittag im Dresdner Landtag auf eine öffentliche Anhörung gedrungen. Dafür war – neben VertreterInnen aus der Wissenschaft und Queer-Vereinen – auch die Autorin Kelle geladen.

„Verschwörungstheoretische Züge“

Kelle hat in Sachsen gegen einen solchen Aktionsplan argumentiert. Das ist ihr gutes Recht. Allerdings ging es im Freistaat gar nicht darum, ob es überhaupt einen solchen Aktionsplan geben soll, sondern nur, wie der aussehen könnte. „Ich weiß nicht, warum Frau Kelle da war“, sagt Stephanie Nordt der taz. Nordt ist Referentin beim Berliner Bildungsverein Kombi für queere Lebensweisen und war ebenfalls als Expertin geladen. Sie sollte unter anderem erklären, wie es gelingen kann, sogenannte Queerpolitik nicht als „Querschnittspolitik“ zu handeln, sondern als Menschenrechtspolitik. „Es geht nicht um Sonderrechte für Minderheiten“, erklärt Nordt.

Schon im Vorfeld sorgte die Teilnahme Kelles für heftige Kritik. Kelle trage nicht zur Aufklärung bei, kritisierte Oliver Strotzer, Landeschef der sächsischen Schwusos in Sachsen. Im Gegenteil, ihre „zuweilen homophoben und grenzwertigen Unterstellungen“ trügen „verschwörungstheoretische Züge“, sagte Strotzer dem Online-Magazin Queer.de.

Was Kelle in der Anhörung sollte und wollte, hat Stephanie Nordt bis zum Schluss nicht verstanden. Ebenso wenig, warum die die Publizistin Bettina Röhl als Expertin eingeladen war. Die AfD hat Röhl ins Rennen geschickt. Die ist – wie Kelle – nicht unbedingt bekannt für geschlechtergerechte Thesen.

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