Hunderte Pilger in Mina getötet: Desaster nicht verhindert

Während der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch in Saudi-Arabien sind über 700 Menschen gestorben. Es ist nicht das erste Unglück dieser Art.

PilgerInnen auf drei Wegen

Muslimische PilgerInnen in Mina. Foto: Reuters

Es sollte einer der Höhepunkte ihres Lebens werden. Doch für mehr als 700 muslimische Pilger brachte die diesjährige Hadsch in Saudi-Arabien bei einer Massenpanik den Tod; über 800 weitere wurden verletzt. Nähere Angaben, etwa über die Nationalität der Opfer, lagen zunächst nicht vor. Es ist das zweitgrößte Desaster während der Hadsch in den vergangenen 25 Jahren.

Das Unglück ereignete sich in Mina, das acht Kilometer östlich der Stadt Mekka in einem Tal liegt und eine der festgelegten Stationen während der jährlichen Pilgerfahrt ist. Hier findet eine symbolische Steinigung des Teufels statt. Gleichzeitig gibt es dort Lager mit insgesamt 160.000 Zelten, in denen die Pilger während der Hadsch übernachten.

Die Panik brach nicht am Ort des Steinigungsrituals aus. „Während und nach der Panik strömten die Leute weiter nach Mina herein, um das Steinigungsritual zu vollziehen,“ hieß es bei Al-Dschasira Online.

Amateurvideos im Internet zeigen Dutzende von Leichen – die Männer in die weißen Tücher gehüllt, die sie während der Hadsch tragen – neben zerbrochenen Rollstühlen und Wasserflaschen. Ein Sprecher der saudischen Rettungskräfte sprach von 4.000 Personen und 220 Rettungswagen im Einsatz Prinz Khaled al-Faisal, Leiter des Zentralen Hadsch-Komitees, wusste laut dem saudischen TV-Sender Al-Arabiya sogleich, wo die Schuldigen zu suchen sind. Er machte „einige Pilger afrikanischer Nationalitäten“ für das Unglück verantwortlich.

Schwerstes Unglück im Jahr 1990

Die Organisation der fünftägigen Hadsch ist schon allein angesichts der schieren Zahl der saudischen und ausländischen Pilger – Männer und Frauen – eine gigantische logistische Herausforderung. Die Zahl der Teilnehmenden hat sich seit Mitte der 1990er Jahre auf etwa zwei Millionen verdoppelt. Hinzu kommt, dass alle Pilger sich gleichzeitig an dem für den jeweiligen Tag vorgesehenen Ort aufhalten.

Die Große Moschee beherbergt die Kaaba, einen schwarzen Steinwürfel.

Wiederholt kam es während der Hadsch zu Massenpaniken mit meist mehreren hundert Toten, wobei die meisten ebenfalls in Mina stattfanden. Das schwerste Unglück fand im Jahr 1990 statt, als es in einem überfüllten Fußgängertunnel zu den heiligen Stätten in Mekka zu einer Massenpanik kam, die 1.426 Tote forderte. Auch die diesjährige Hadsch stand in dieser Hinsicht unter keinem guten Stern. Knapp zwei Wochen vor Beginn der Pilgerfahrt starben 111 Gläubige, als ein Kran bei einem Sturm auf die Große Moschee in Mekka stürzte. Fast 400 weitere Personen wurden verletzt.

Angesichts dieser tödlichen Bilanz bemühen sich die saudischen Behörden schon seit Längerem, durch Baumaßnahmen die Massen der Gläubigen so zu kanalisieren, dass sich die Gefahr von Unglücken verringert. Dazu gehören auch die Baumaßnahmen rund um die Große Moschee.

Eine der fünf Säulen des Islam

Dort soll der Platz vergrößert werden, auf dem sich die Gläubigen während der Hadsch versammeln. Die Behörden wollen hier Raum für bis zu 2 Millionen Menschen schaffen. Die Große Moschee beherbergt nämlich die Kaaba, einen schwarzen Steinwürfel, der während der Hadsch siebenmal umkreist werden und möglichst berührt werden soll.

Auch in Mina haben die Behörden versucht, die Gefahr von Unglücken zu vermindern. Die Maßnahmen bezogen sich nicht auf die Zeltlager, wo offenbar die jetzige Panik ausbrach, sondern auf Fußgängerbrücken. Dort drängten sich früher Pilger in beiden Richtungen aneinander vorbei. Durch den Bau neuer Übergänge konnte dieses Problem abgemildert werden.

Der Popularität der Hadsch wird das Unglück vom Donnerstag genauso wenig schaden wie die früheren Unfälle. Die Pilgerfahrt ist eine der fünf Säulen des Islam, und wer finanziell und gesundheitlich dazu in der Lage ist, sollte sich einmal im Leben auf die Hadsch begeben. Früher, in Zeiten der Karawanen, war allein schon die Reise beschwerlich und gefährlich. Die Gläubigen waren zwischen 30 und 40 Tage unterwegs; ihre Karawanen waren häufig das Ziel von Überfällen durch Räuber oder Sektenangehörige, die sich alternativ teuer für den Schutz der Reisenden bezahlen ließen. Heute dagegen steigt der Pilger bequem ins Flugzeug, vorausgesetzt, er hat einen Platz im Kontingent seines Landes für die Hadsch bekommen.

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