Kommentar manipulierte Abgastests: Prüft endlich auf der Straße!

Weil Abgasausstoß und Treibstoffverbrauch im Labor gemessen werden, konnte VW manipulieren. Wir brauchen endlich neue Zulassungstests.

Mann mit Mundschutz bückt sich zum Auspuffrohr eines Autos.

Abgastest müssen nicht im Labor stattfinden Foto: dpa

Der Skandal um manipulierte Abgastests von VW-Diesel-Autos in den USA bedeutet für die Europäische Union vor allem eins: Auch sie muss ihr Zulassungssystem reformieren – und zwar dringend.

Denn wie die USA verlangt die EU von den Herstellern, den Abgasausstoß und den Treibstoffverbrauch im Labor zu messen. Doch diese Tests kann die Autosoftware leicht erkennen, weil sich das Fahrzeug nicht bewegt. Sie kann den Motor so steuern, wie sie das bei normalen Fahrten nie tun würde.

Das Auto stößt dann weniger gesundheits- und klimaschädliche Gase aus als erlaubt. Außerhalb des Testlabors reagiert der Motor aber viel „spritziger“ und bläst mehr Abgase in die Luft. Wenn diese Manipulationen in Nordamerika stattfinden, wird es sie auch hier geben – wie es Umweltschützer ja schon seit Jahren behaupten.

Solche Tricks sind Betrug: An den Menschen, die wegen Stickoxidgrenzwertüberschreitungen in den Städten Bronchienprobleme bekommen. An der Umwelt, denn die Abgase tragen zum Aussterben von Pflanzen- und Tierarten sowie zum Klimawandel bei. Und an den Autokäufern, da die Tests zu geschönten Angaben über den Kraftstoffverbrauch führen.

Dabei sind die Labortests auch ohne illegale Manipulationen vorteilhaft für die Industrie. Sie sehen viel niedrigere Beschleunigungen als im richtigen Leben vor, nie fahren die Autos schneller als 120 Stundenkilometer, Verbraucher wie Radio und Klimaanlage sind immer aus.

Die Lösung sind Tests mit mobilen Messgeräten auf der Straße. Die Software der Autos kann sie nicht erkennen und manipulieren. Und sie sind automatisch realistischer als die Messungen im Labor. Deshalb hätte die EU Tests auf der Straße schon vor Jahren vorschreiben müssen. Nun plant die Europäische Kommission endlich eine Reform, aber sie wird von der (deutschen) Autolobby verzögert und verwässert. Das nutzt einer mächtigen Industrie – schadet aber Gesundheit und Umwelt.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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