Alternative gegen Dockville: Subventionen für Staatsfeinde

Die AfD stört sich an der Förderung des Dockville-Festivals durch die Stadt. Ein paar Bands, die dort irgendwann gespielt haben, sind den Rechtspopulisten zu links

Samy de Luxe auf dem Dockville: Links, rechts, egal wo sie hinguckt, die AfD sieht nur Staatsfeinde Foto: Daniel Bockwold (dpa)

Der Alternative für Deutschland (AfD) ist das Dockville zu links – das ist nicht besonders überraschend, obgleich das Festival nicht gerade für seinen linkspolitischen Anspruch bekannt ist. Hamburgs größtem Popmusik-Festival haftet eher das Image einer Hipster-Party an – ein bisschen Kunst, ein bisschen Glitzer, ein bisschen tanzen zu Indie, Techno oder auch mal Hip-Hop.

Was die AfD daran stört, ist dass die Kulturbehörde das Festival mit 100.000 Euro im Jahr fördert – und das, obwohl sich im Line-up der letzten Jahre „immer wieder Musikgruppen aus dem antifaschistischen, extrem linken Spektrum“ befinden. Das geht aus einer kleinen Anfrage hervor, die die vier AfD-Abgeordneten Detlef Erbracht, Bernd Baumann, Ludwig Flocken und Alexander Wolf nun an den Senat stellten. „Hier wurde eine rote Linie überschritten!“, schreiben die Abgeordneten der rechten Partei. Man müsse unterscheiden zwischen „Auftritten von Musikgruppen mit extremistischen Inhalten auf privaten Veranstaltungen und jenen, auf denen staatliche Stellen als Partner fungieren“.

Die AfD stört sich an Musikgruppen wie Slime, bekannt unter anderem für die Textzeile „Deutschland muss sterben“. Oder die Rostocker „Feine Sahne Fischfilet“, die Schlagzeilen machten, als der Verfassungsschutz sie 2012 dem linksextremen Spektrum zuordnete. Und natürlich „Die Goldenen Zitronen“, seit der Besetzung der Hafenstraße in den 1980er-Jahren links engagiert.

„Der Kulturbehörde müssen diese Musikgruppen seit Jahren bekannt sein!“, wettern die AfDler denn auch in ihrer Anfrage. Warum die Partei gerade nach dem diesjährigen Festival die Anfrage stellte, bleibt unklar – keine der drei Bands spielte dieses Jahr auf dem Dockville. Feine Sahne trat im vergangenen Jahr auf, Die goldenen Zitronen spielten 2011 und Slime 2010.

Seit 2007 findet das Dock­ville-Festival jedes Jahr in Wilhelmsburg statt.

20.000 Festivalgäste pro Tag kamen vom 21. bis 23. August 2015.

Als Artville ist das Gelände vor dem Dockville drei Wochen lang für Kunstinstallationen geöffnet.

Die diesjährigen Headliner waren die kanadischen Elektromusiker Caribou, die New Yorker Post-Punk-Band Interpol und das Londoner Psychedelic-Quartett Django Django.

Ebenso wenig erhellend sind die Fragen, die die Abgeordneten an den Senat richten: Seit wann ist die Kulturbehörde Partner des MS Dockville? Wer ist der Veranstalter des Festivals? In welcher Höhe und aus welchen Mitteln fördert die Behörde das Festival? All das wollen die Afdler unter anderem wissen. Fragen, die man mit einer kurzen Internetrecherche sehr gut selbst beantworten könnte.

Geantwortet hat der Senat bisher nicht, aber der Sprecher der Kulturbehörde, Enno Isermann, sagt, dass man dort mit der Auswahl der Bands nichts zu tun habe: „Zum Glück mischen wir uns in Kunst- und Kulturveranstaltungen nicht ein“, sagte er der taz. Er selbst sei froh, in einem Land zu leben, in dem es keine Staatskunst gebe.

Ob im Umkehrschluss auch rechte Bands auf von der Behörde geförderten Veranstaltungen auftreten könnten? Für diesen hypothetischen Fall hat Isermann keine Lösung. Die Grenzen würden schnell fließend, wenn die Behörde anfinge, sich inhaltlich einzumischen. „Aber wir gehen stark davon aus, dass die Bands sich an Recht und Gesetz halten.“

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