Kommentar Neuwahl in Griechenland: Die Hoffnung bleibt

Aus einer ausweglosen Situation – wie in Griechenland – das Beste machen zu wollen, ist besonders deutschen Linken äußerst fremd.

Alexis Tsipras

Syriza-Vorsitzender Alexis Tsipras: Auch weiterhin Hoffnungsträger für eine demokratische, undogmatische und proeuropäische Linke.​ Foto: AP

Der20. September wird wohl ein historisches Datum. So pathetisch es klingen mag: Dieser Tag dürfte wegweisend dafür sein, ob es für die Linke in Europa noch eine größere Perspektive gibt. Es liegt in der Hand der griechischen Bevölkerung: Bekommt Alexis Tsipras mit Syriza die Chance, weiterzuregieren?

Seit Amtsantritt hat die von Deutschland dominierte Eurogruppe alles unternommen, die Regierung Tsipras zu stürzen. Aus Angst, das Beispiel einer linken Regierung jenseits der Sozialdemokratie könnte ansteckend sein, setzten die anderen EU-Staaten mit aller Macht auf das Scheitern von Syriza. Letztlich ließen sie nur noch die Wahl zwischen Skylla und Charybdis: Unterwerfung unter das Diktat eines dritten Memorandums oder Grexit.

Dass die Entscheidung von Tsipras gegen den Grexit zu heftigen innerparteilichen Verwerfungen geführt hat, war angesichts der großen Heterogenität von Syriza leider zwangsläufig. Aber sie war trotzdem richtig. Denn anders als die abgespaltenen Drachmisten der „Linken Plattform“ und manche deutschen Salonlinken behaupten, wären die Folgen eines Ausstiegs aus dem Euro unter den gegebenen Bedingungen weitaus verheerender für die griechische Bevölkerung gewesen.

Es ist kein „Verrat“, sich einer mörderischen Erpressung zu beugen. Bei allen Widersprüchen: Die in ihrem Kern aus der eurokommunistischen Tradition stammende Syriza bleibt die Hoffnung für eine demokratische, undogmatische und proeuropäische Linke.

Aus einer ausweglosen Situation das Beste machen zu wollen, ist etwas, was besonders deutschen Linken äußerst fremd ist. Deswegen ist unter ihnen die Enttäuschung über Tsipras nun besonders groß. Aber auf ihre Solidarität konnte Syriza – wie auch Podemos – ohnehin nie wirklich bauen. Es ist doch so: Ein Bruch mit der Austeritätspolitik ist nur durchsetzbar, wenn es gelingt, die Verhältnisse in Deutschland zum Tanzen zu bringen. Doch dazu ist die deutsche Linke unfähig.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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