Erdogans Politikwechsel: Friedensprozess mit Kurden beendet

Der türkische Präsident kündigt den Friedensprozess mit den Kurden auf. Außerdem fordert er die Aufhebung der Immunität bestimmter Politiker.

Erdogan mit ausgebreiteten Armen und Händen

Freund der großen Geste: Recep Tayyip Erdogan. Foto: dpa

ANKARA Reuters/dpa | Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Friedensprozess mit den Kurden aufgekündigt. Es sei unmöglich, diesen Weg mit denjenigen fortzusetzen, die die nationale Einheit gefährdeten, sagte der Staatschef am Dienstag vor Journalisten in Ankara. Er forderte das Parlament auf, die Immunität von Politikern mit Verbindungen zu „terroristischen Gruppen“ aufzuheben.

Die Türkei geht seit einigen Tagen massiv gegen mutmaßliche kurdische Extremisten im Land und im Norden des Irak sowie gegen die radikalislamische IS-Miliz in Syrien vor. Anlass sind mehrere tödliche Anschläge im von Kurden bewohnten Südosten der Türkei, für die der „Islamische Staat“ („IS“) und die verbotene Arbeiterpartei PKK verantwortlich gemacht werden. Am späten Montagabend wurde nach türkischen Angaben zudem eine Gaspipeline sabotiert. Der Anschlag trägt die Handschrift der PKK.

Erdogan forderte parallel die Nato zur Unterstützung seines Anti-Terror-Kampfs auf. Er gehe davon aus, dass sich die Allianz auf ihrem Sondertreffen in Brüssel bereiterkläre, die notwendigen Schritte zu unternehmen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, es sei richtig, das Treffen zum jetzigen Zeitpunkt abzuhalten, um über die Instabilität „vor der Haustür der Türkei und an der Nato-Grenze“ zu beraten. „Die Nato verfolgt die Entwicklungen sehr genau, und wir stehen unserem Verbündeten Türkei in starker Solidarität bei.“

Während der Kampf gegen die IS-Miliz von den Nato-Partnern der Türkei begrüßt wird, kritisieren die europäischen Verbündeten das Vorgehen gegen die Kurden als Gefahr für den Friedensprozess mit der PKK. Dieser läuft seit 2012. Seit März 2013 gilt eine Waffenruhe, die bis vor kurzem zwar brüchig war, aber doch weitgehend eingehalten wurde. Am Sonntag hatte die PKK angesichts des Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte die Waffenruhe für beendet erklärt, nicht aber den gesamten Friedensprozess.

HDP-Chef weist Fehlverhalten zurück

Kritiker sehen in dem gleichzeitigen Vorgehen gegen den „IS“ und die PKK den Versuch Erdogans, innenpolitisch seine Macht auszuweiten. Bei der Wahl im Juni hatte die regierende AKP erstmals seit 2002 ihre absolute Mehrheit im Parlament verloren. Ein Grund dafür war der Zustrom für die prokurdische HDP. Erdogan hat der Partei jüngst Verbindungen zur PKK unterstellt.

HDP-Chef Selahattin Demirtas wies am Dienstag jegliches Fehlverhalten seiner Partei zurück. „Unser einziges Verbrechen war es, dass wir 13 Prozent der Stimmen gewonnen haben.“ Demirtas warf Erdogan zugleich vor, einen geplanten Aufruf des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan zur Niederlegung der Waffen durchkreuzt zu haben.

Derweil haben die Nato-Staaten bei einem Sondertreffen in Brüssel ihre Solidarität mit dem Bündnispartner Türkei bekräftigt. „Terrorismus stellt eine direkte Gefahr für die Sicherheit der Nato-Staaten dar“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. „Wir werden die Entwicklung an der südöstlichen Grenze der Nato sehr genau verfolgen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.