Nach dem Brüsseler Krisengipfel: Syrizas Zerreißprobe

Griechenlands Premier Alexis Tsipras kämpft um die Einheit seiner Partei. Mit einer Umbildung seines Kabinetts kann gerechnet werden.

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Wird es schwer haben, die Einigung in Brüssel zuhause zu verkaufen: Alexis Tsipras zurück in Athen. Foto: reuters

ATHEN taz | Gleich für Dienstagmorgen um 8 Uhr hat Regierungschef Alexis Tsipras eine Krisensitzung der Linksfraktion einberufen. Die Zeichen stehen auf Sturm: In einer ersten Stellungnahme zum Brüsseler Eurogipfel warnt der mächtige Linksflügel seiner Syriza-Partei vor einem „weiteren Memorandum der Sparpolitik“, bei dem Griechenland eine „Schuldenkolonie in einem Europa unter deutscher Vormundschaft“ bliebe, und ruft die „Kräfte der radikalen Linken“ zum Kampf gegen die Spardiktate auf.

Zur Erinnerung: Bei der Abstimmung über ein Verhandlungsmandat für Brüssel am letzten Freitag wollten insgesamt 17 Linksabgeordnete nicht für Tsipras stimmen – unter ihnen Schwergewichte der Partei wie Energieminister Lafazanis, Sozialminister Stratoulis und Parlamentspräsidentin Konstantopoulou. Weitere zehn Volksvertreter ließen verlauten, sie seien diesmal dabei, um der Regierung den Rücken zu stärken, aber sie würden das nächste Mal definitiv keine Austeritätsmaßnahmen mehr mittragen.

Noch halten sich viele Linkspolitiker mit Schuldzuweisungen zurück, da es bei Syriza zum guten Stil gehört, dass bei umstrittenen Entscheidungen erst einmal die Parteigremien mitreden. Vereinzelt gibt es trotzdem Kritik: Der EU-Abgeordnete Manolis Glezos spricht von einem „unverschämten Abkommen“, Abgeordneter Kostas Lapavitsas sieht Griechenland „erniedrigt“ und plädiert erneut für eine Rückkehr zur Drachme. Panos Skourletis, Arbeitsminister und ehemaliger Sprecher der Linkspartei, brachte es auf den Punkt: „Wir sagen deutlich, dass wir nicht für dieses Abkommen stehen. Und ich kann es niemandem leichtfertig zum Vorwurf machen, wenn er das Abkommen nicht unterstützt.“ Da die Regierungsmehrheit der Linken mittlerweile infrage gestellt würde, sollten zudem bis Ende 2015 Neuwahlen stattfinden, sagte Skourletis im staatlichen Fernsehen ERT.

In Athen wird heftig spekuliert über eine Neuwahl im Herbst. Davor, möglicherweise sogar in dieser Woche, wird eine Regierungsumbildung erwartet – für Premier Tsipras auch eine Gelegenheit, potenzielle Abweichler loszuwerden. Presseberichte über die Bildung einer Expertenregierung hat Athen ausdrücklich zurückgewiesen. Zu den Ressortchefs, die gehen sollten, zählten Energieminister Panagiotis Lafazanis und der Minister für Soziales, Dimitris Stratoulis, hieß es in mehreren Medien. Sie gelten als die Anführer des Linksflügels des Syriza-Bündnisses und sollen eine große Gruppe von bis zu 40 Abgeordneten hinter sich haben. Syriza hat insgesamt 149 Sitze im Parlament in Athen.

Griechenlands Zahlungsrückstand beim Internationalen Währungsfonds wird immer größer. Wie IWF-Sprecher Gerry Rice in Washington mitteilte, traf eine am Montag fällige Rate in Höhe von 456 Millionen Euro nicht ein. Der IWF-Vorstand sei darüber informiert worden.

Bereits am 30. Juni hatte Griechenland eine anstehende IWF-Rate von knapp 1,6 Milliarden Euro nicht entrichtet. Das heißt, das Land ist jetzt mit Rückzahlungen im Umfang von rund zwei Milliarden Euro an den IWF im Verzug.

Reformen im Eiltempo

Zunächst geht es Tsipras darum, die in Brüssel versprochenen Reformen im Eiltempo durch das Parlament zu bringen. Einen Strich durch die Rechnung könnte ihm erneut die umstrittene Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou machen. Diese hatte sich bereits bei der Freitagsabstimmung enthalten und daraufhin noch eine Art Wahlkampfrede gehalten. Sie erhob dabei schwere Vorwürfe in Richtung Deutschland.

Am Montag forderte Fraktionssprecher Nikos Filis potenzielle Abweichler zum Rücktritt auf – und meinte damit wohl Konstantopoulou in erster Linie. Sie wiederum erklärte, für einen Rücktritt gäbe es keinen Anlass. (mit dpa)

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