Freibäder in Berlin: Ohne RBB kein Krawall

Wenn der Reporter die Polizei ruft: Bädersprecher Matthias Oloew über jugendlichen Darstellungsdrang und kriminalisierende Berichterstattung.

Abkühlung für erhitzte Gemüter bringt der Sprung ins Wasser Foto: dpa

taz: Herr Oloew, im Neuköllner Columbiabad gab es am Dienstag wieder Krawall, just als RBB-Kameraleute vor Ort waren. War das Zufall?

Matthias Oloew: Das war überhaupt kein Zufall. Und es waren auch keine richtigen Krawalle.

Was ist passiert?

Der RBB hat um 18.30 Uhr eine Liveschaltung für die Sendung Zibb gemacht. Das war nicht mit uns abgesprochen. Wir hätten das zu dieser Uhrzeit nicht genehmigt. Kaum war die Kamera an, entstand eine Gruppendynamik bei den 10- bis 14-jährigen Kids. Sie schrien und sprangen wild durcheinander. Jeder wollte ins Bild. So was ist für sie ein wirklich großes Ereignis, sonst bekommen sie nicht so viel Aufmerksamkeit.

Die RBB-Abendschau berichtete am Dienstag und spielte das Handyvideo eines Badegastes ein. Die Szene zeigt einen Bademeister, der von Jugendlichen ernsthaft bedrängt wird.

Das ist eine Aufnahme vom letzten Jahr an Pfingsten. Die andere Aufnahme von dem Schwimmmeister, der eine Stichschutzweste unter seinem T-Shirt trug, stammt sogar von 2009.

Wer hat am Dienstag die Polizei ins Columbiadbad gerufen?

Im Wesentlichen geschah das auf Wunsch des RBB-Teams. Anlass war, dass der Kameramann und der Reporter, Ulli Zelle, mit Wasserpistolen beschossen worden waren. Außerdem war Ulli Zelle während der Liveschaltung mit einem Eimer Wasser übergossen worden. Die Leute vom RBB haben unseren Kollegen Vorwürfe gemacht, wir würden sie nicht ordentlich schützen.

46, ist seit 2009 Unternehmenssprecher der Berliner Bäderbetriebe (BBB). Davor war der Historiker 14 Jahre lang Redakteur beim Tagesspiegel.

War das so?

Wir sind von der Liveschaltung überrumpelt worden. Andernfalls hätten wir natürlich einen besseren Schutz organisiert.

Was für Reaktionen bekommen die Bäderbetriebe aufgrund solcher Berichte?

Starke Vorwürfe, gepaart mit großen Sorgen, aber auch rassistische Vorwürfe nach dem Motto: „Sie haben ja nur noch Muslime in den Bädern. Macht die Arbeit da noch Spaß?“

Auch ohne Kamerateams gab es letztes Wochenende in einzelnen Bädern solche Vorfälle. Wie ernst war die Lage denn da?

Wir nehmen jeden Vorfall ernst. Wichtig wäre mir aber die Einordnung: Auf 180.000 Badegäste kamen 60 mehrheitlich Jugendliche, bei denen bei der großen Hitze die Synapsen durchgeknallt sind. Und alle Medien stürzen sich darauf.

Auch da handelte es sich um das Columbiabad.

Berichtet wurde von einer Massenschlägerei. Die 60 haben sich danebenbenommen, aber das war keine Massenschlägerei. Auch verletzt wurde niemand. Unser Appell an die Medien wäre, solche Ereignisse richtig einzuordnen. Auch die Forderung der Deutschen Polizeigewerkschaft nach einer Einlassbeschränkung weisen wir zurück. Die Berliner Freibäder sind viel besser als ihr Ruf.

Warum ist es ums Prinzenbad so ruhig geworden?

Diesen Jugendlichen geht es um Aufmerksamkeit. Sie stürmen einen Sprungturm, filmen das mit ihrem Handy und stellen es in die sozialen Netzwerke. Wenn es keine großen Rutschen und Sprungtürme mehr gibt, gibt es auch diese Präsentationsflächen nicht.

Auch der Sprungturm im Prinzenbad ist deshalb mal abgebaut worden …

Die kriminalisierende Berichterstattung hat zur Folge, dass solche Forderungen auch für das Columbiabad laut werden. Im Klartext würde das heißen, den Kids ihr Bad wegzunehmen – das Wenige, was sie noch haben. Das kann es doch nicht sein.

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