EU und Griechenland-Krise: Tsipras-Brief stößt auf Skepsis

Athen hat eine Art neuen Vorschlag gemacht. Aber EU und Bundesregierung können damit nicht viel anfangen. Trotzdem ist man verhandlungsbereit.

Tsipras wird im ERT-Fernsehstudio geschminkt

Nur nicht ins Schwitzen kommen: Alexis Tsipras (r.) im ERT-Fernsehstudio am 29. Juni 2015. Foto: dpa

ATHEN/BRÜSSEL/BERLIN dpa/afp | Die Rate an den Internationalen Währungsfonds ist nicht bezahlt, das Hilfspaket der Geldgeber aufgezehrt – trotzdem suchen Athen, Brüssel und Berlin weiter nach einer Lösung im Schuldendrama. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras schrieb einen neuen Brief an die Geldgeber, darin zeigt er sich bereit, die vorrangigen Bedingungen der Gläubiger grundsätzlich zu erfüllen. Nach Ansicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist das aber noch keine Grundlage für eine Lösung der Krise.

„Der hat auch nicht mehr Klarheit geschafft“, sagte Schäuble mit Blick auf den jüngsten Brief. Die Ankündigungen aus Athen reichten für „seriöse Maßnahmen“ nicht aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte Verhandlungen mit der griechischen Regierung über ein neues Hilfsprogramm vor dem für Sonntag geplanten Referendum eine Absage.

Die Finanzminister der Eurozone haben ihre Telefonkonferenz zur Griechenlandkrise derweil beendet. Dies teilte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir schrieb, er und seine Kollegen seien „geeint in der Entscheidung, auf den Ausgang des griechischen Referendums vor jeglichen weiteren Gesprächen zu warten“.

Tsipras hatte zuvor in einer Fernsehansprache bekräftigt, dass seine Regierung bei der Volksabstimmung am Sonntag weiter für eine Ablehnung der bisherigen Forderungen der internationalen Gläubiger werben werde.

Internationale Standards nicht erfüllt

Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend auf die Sparzusagen. „Wir sind in einer neuen Lage“, sagte Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis in Brüssel mit Blick auf das ausgelaufene Hilfsprogramm für Athen. Die wirtschaftliche Situation Griechenlands habe sich erheblich verschlechtert. Es werde jetzt nicht mehr über die Verlängerung des alten Rettungsplans gesprochen, sondern über ein Zwei-Jahres-Programm des Eurorettungsschirms ESM. Daraus hatte Tsipras am Dienstagabend einen 29-Milliarden-Euro-Kredit gefordert.

Dombrovskis sagte weiter, ein neues Hilfsprogramm könnte noch vor dem 20. Juli abgeschlossen werden. „Es gibt sicherlich die Möglichkeit, zu einer Abmachung zu kommen, bevor höhere (Rück-)Zahlungen fällig sind.“ Das setze jedoch die Bereitschaft der Geldgeber und Athens voraus, tatsächlich eine Vereinbarung anzustreben.

Der Europarat erklärte unterdessen, das geplante Referendum in Griechenland erfülle nicht die üblichen internationalen Standards. Problematisch sei, dass die Abstimmung so kurzfristig angesetzt worden sei, sagte ein Sprecher in Straßburg. Dies lasse den Stimmberechtigten zu wenig Zeit, sich richtig zu informieren. Zudem sei die Frage nicht sehr klar formuliert.

Keine Verhandlungen vor Referendum

Die aktuellsten griechischen Vorschläge könnten in Verhandlungen für das neue Rettungsprogramm eingebracht werden. „Wir sind bereit, zu verhandeln und zu einer Lösung kommen“, sagte der für den Euro verantwortliche Kommissar. „Dazu müssen sich beide Seiten konstruktiv verhalten.“ Die Kommission prüfe die jüngsten Zusagen und werde der Eurogruppe eine erste Einschätzung geben. Die Finanzminister der Eurostaaten wollen am späten Nachmittag in einer Telefonkonferenz über die Lage beraten.

Merkel machte deutlich, dass es vor dem geplanten Referendum von deutscher Seite keine neuen Verhandlungen geben werde. „Die Tür für Verhandlungen war immer offen und bleibt immer offen“, betonte Merkel zwar in einer Bundestagsdebatte über die Lage in Griechenland in Berlin. Die schwarz-rote Bundesregierung habe sich aber darauf verständigt, das Referendum abzuwarten. „Vor dem Referendum kann über kein neues Hilfsprogramm verhandelt werden.“

Wegen der dramatischen Zuspitzung der Lage bleiben Banken und Börse in Griechenland bis Anfang kommender Woche geschlossen. In den vergangenen Tagen hatten immer mehr verängstigte Bürger Bargeld abgehoben und damit die Geldhäuser in Schwierigkeiten gebracht. An Geldautomaten dürfen Griechen seit Montag maximal 60 Euro pro Tag abheben, für ausländische Bankkarten soll die Beschränkung aber nicht gelten.

Nur für Rentner

Am Mittwoch öffneten Geldinstitute im ganzen Land für Rentner. Die Banken hatten diese Ausnahme ermöglicht, da viele Pensionäre keine EC- oder Kreditkarten haben und somit in den vergangenen Tagen an den Automaten kein Bargeld abheben konnten. Weil die Banken allerdings kurzfristig angekündigt hatten, Rentner in alphabetischer Reihenfolge zu bedienen, kam es zwischenzeitlich zu Tumulten, wie griechische Medien berichteten.

Tsipras hatte am Wochenende überraschend eine Volksabstimmung über die Reformvorschläge der Gläubiger Griechenlands angekündigt und die Europartner so vor den Kopf gestoßen. Daraufhin scheiterten am Samstag die Verhandlungen der Euro-Finanzminister mit Athen.

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