Bundesbank-Bericht zu Griechenland: Von der Pleite bedroht

Seit Monaten verhandelt Griechenland über neue Hilfen – bisher ergebnislos. Damit steige die Gefahr, dass Athen in die Pleite rutscht, so die Einschätzung der Bundesbank.

Die Zentrale der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main. Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN dpa | Griechenland ist aus Sicht der Deutschen Bundesbank massiv von einer Staatspleite bedroht. „Die Lage in Griechenland ist weiter besorgniserregend“, betonte die Notenbank in ihrem am Montag in Frankfurt veröffentlichten Monatsbericht.

Aktuell seien Athen und griechische Banken nur deshalb zahlungsfähig, weil die Banken mit ELA-Notkrediten („Emergency Liquidity Assistance“) der griechischen Zentralbank versorgt werden. Griechenland müsse deshalb rasch durch wirtschafts- und finanzpolitische Reformen die Basis für tragfähige Staatsfinanzen schaffen und brauche zumindest vorübergehend weitere Hilfszahlungen, warnt die Bundesbank.

Die Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ringt seit drei Monaten um die Auszahlung weiterer Finanzhilfen. Die europäischen Geldgeber und der Internationale Währungsfonds (IWF) koppeln die Freigabe von 7,2 Milliarden Euro aus dem aktuellen Hilfsprogramm an ein umfassendes Reformpaket.

Griechische Banken bekommen auf normalem Weg kein frisches Geld mehr von der Europäischen Zentralbank (EZB) und sind daher auf teurere Ela-Notkredite angewiesen. Finanzkreisen zufolge wurde der ELA-Rahmen zuletzt auf 80 Milliarden Euro ausgeweitet. Damit stopft die Notenbank die Löcher, die Finanzinstituten durch Mittelabflüsse in Milliardenhöhe entstehen. Denn Bürger und Unternehmen räumen wegen der ungewissen Zukunft ihre Konten leer.

Mit den Notkrediten kaufen die griechischen Banken immer wieder neue kurzfristige Staatstitel (T-Bills) nach, wenn die Vorgängerpapiere fällig werden. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht diese Praxis kritisch: „Dass Banken ohne Marktzugang Kredite gewährt werden, die damit Anleihen des eigenen Staates finanzieren, der selbst ohne Marktzugang ist, finde ich mit Blick auf das Verbot der monetären Staatsfinanzierung nicht in Ordnung.“ Aus Sicht der Bundesbank muss die Entscheidung über die Bereitstellung weiterer Finanzmittel aber von nationalen Regierungen und Parlamenten getroffen werden – und nicht von den Notenbanken.

Der abrupten Kurswechsel unter Tsipras

Die Regierung in Athen hat sich nach Überzeugung der Bundesbank selbst in die heikle Lage manövriert: „Die Aussichten hatten sich bis Ende 2014 merklich aufgehellt, denn nach einer harten Anpassungsphase hatte das Wachstum wieder Fuß gefasst.“ Die Lage der Staatsfinanzen hätte ohne „übermäßige zusätzliche fiskalische Maßnahmen“ stabilisiert werden können. Zumal die Finanzierungskosten des Staates wegen der im Rahmen der Hilfsprogramme stark vergünstigten Zinskonditionen trotz der sehr hohen Schuldenquote keineswegs unzumutbar gewesen seien: „So lagen die Zinsausgaben im Jahr 2014 in Relation zum BIP unterhalb jener in Portugal, Italien und Irland.“

Doch durch den abrupten Kurswechsel unter Tsipras sei der Reform- und Stabilisierungskurs unterbrochen und teilweise umgekehrt worden. „Die so erzeugte Unsicherheit beeinträchtigt die öffentlichen Finanzen indirekt durch den Rückschlag bei der wirtschaftlichen Aktivität, aber auch direkt durch die offenbar rückläufige Bereitschaft, Steuern zu zahlen“, betonte die Bundesbank. Darüber hinaus seien zusätzliche Ausgaben beschlossen worden.

Dadurch seien die Risikoprämien für griechische Staatsanleihen stark gestiegen und der 2014 ansatzweise wieder hergestellte Zugang zum Kapitalmarkt erneut verloren gegangen, betonte die Bundesbank: „Da aber das – zwischenzeitlich bis Ende Juni verlängerte – Hilfsprogramm unter den aktuellen Bedingungen nicht fortgesetzt werden kann, das heißt, keine Hilfskredite und Transfers mehr gezahlt werden, ist die Zahlungsfähigkeit Griechenlands akut bedroht.“ Ohne substanzielle Reformen in Griechenland sei eine nachhaltige Lösung nicht möglich.

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