KOMMENTAR LOVEPARADE-KATASTROPHE: Das Ende der Giga-Party

Die Katastrophe von Duisburg wird die Ära der Massenevents im Pop nicht beenden, vieles wird aber in Zukunft anders sein.

Es ist das schlimmste Unglück, das sich je bei einem Pop-Event in Deutschland ereignet hat. 19 Menschen starben am Samstag bei der Loveparade in Duisburg, mindestens 340 weitere Personen wurden verletzt, viele davon schwer. Mit den Bildern von Notarztwagen, die sich nur mit Mühe den Weg durch die wogende Menschenmassen bahnen und verantwortlichen Kommunalpolitikern, die jede Schuld von sich weisen, ist das Schneller-Lauter-Härter der Gigaparty an seine Grenzen gestoßen.

Die Katastrophe von Duisburg wird die Ära der Massenevents im Pop nicht beenden - genau so wenig, wie die Panik im Heysel-Stadion zu Brüssel 1985 die Großereignisse im Fussball gestoppt hat. Aber nach dieser Loveparade wird vieles anders sein. Großveranstaltungen dieser Dimension müssen in Zukunft generalstabsmäßig voraus geplant, erhöhte Sicherheitsvorkehrungen zum bestimmenden Element ihrer Organisation werden. Die Kommerzialisierung der Popkultur wird das nur noch weiter vorantreiben. Pop ist ja längst zum Standortfaktor von Kommunen geworden, die in Zeiten klammer Kassen jeden Cent brauchen.

Gerade um die Organisation von Großevents war es bisher oft nicht zum Besten bestellt. Das zeigte sich nicht zuletzt an der Marke "Loveparade", die vor einigen Jahren von den Berliner Gründern um Dr. Motte an eine Fitnessstudio-Kette verramscht worden war. Gestartet 1989 als kostenloser Umzug durch Berlin, stand die Love Parade noch bis Ende der Neunzigerjahre allen Besucher offen, die sich über ein langes Wochenende bei zahlreichen Clubparties und beim Strassenumzug im weiträumigen Tiergarten dezentral verteilten.

In Duisburg fand die Loveparade dagegen an einem einzigen Tag und auf einem eng eingezäunten Areal statt. Betreten konnte man es nur, wenn man sich bereits vom Bahnhof ab die Absperrgitter entlang auf das Festgelände treiben ließ: Schon das war eine Pervertierung des Ravegedankens, der besagt, dass man zum Tanzen ausreichend Platz, Zeit und Freiräume braucht, was es speziell unter Einfluss von Drogen und Alkohol zu beachten gilt. All das war in Duisburg nicht gegeben.

Falls es überhaupt ein Sicherheitskonzept gab, das diesen Namen verdient, dann hat es am Samstag völlig versagt. Die Veranstalter und die Verantwortlichen in der Duisburger Stadtverwaltung sollten dieses Versagen eingestehen.

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Julian Weber, geboren 1967 in Schweinfurt/Bayern, hat Amerikanische Kulturgeschichte, Amerikanische Literaturwissenschaft und Soziologie in München studiert und arbeitet nach Stationen in Zürich und Hamburg seit 2009 als Musikredakteur im Kulturressort der taz

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