Sigguk-Feld: Öl-Kampf vor Grönland

Seit Juli bohrt die schottische Cairn Energy im Sigguk-Feld bei Grönland nach Öl. Trotz Bedenken hält die Regierung an dem Projekt fest – sie sagt, Öl sichere Unabhängigkeit.

Ölfässer in Kulusuk, Ost-Grönland. Bild: ezioman – Lizenz: CC-BY

Es könnte ein längeres Katz-und-Maus-Spiel werden. Seit Sonntag lauert das Greenpeace-Schiff "Esperanza" in der Nähe der Bohrplattform "Stena Don" vor der grönländischen Küste, um gegen die dortige Ölsuche zu protestieren. Die dänische Küstenschutzfregatte "Vædderen" warnt die UmweltschützerInnen, dichter als 500 Meter an die Plattform heranzufahren: Das wäre ein Gesetzesbruch und dann würde man das Boot stürmen. "Wir haben keine Pläne, die Sicherheitszone zu verletzen", sagt Greenpeace-Sprecher Jon Burgwald von Bord des Schiffes. Allerdings habe man genug Vorräte an Bord, um bis Oktober vor Ort auszuharren.

Trotz der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hat man es in Grönland bisher nicht für nötig gehalten, neue Tiefseebohrungen auszusetzen. Seit Anfang Juli bohrt die schottische Cairn Energy im Sigguk-Feld, einem Meeresgebiet zwischen dem grönländischen Festland in Höhe der Disko-Bucht und der kanadischen Baffin-Insel. Auf der Suche nach Öl- und Gasvorkommen sind vier Bohrlöcher in einer Meerestiefe zwischen 300 und 500 Metern geplant - eine Tiefe, in der ebenso wie bei der "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko bei einem Unfall keine Taucher, sondern nur noch Technik eingesetzt werden könnte. Und wenn etwas schiefgeht, wären die Konsequenzen in diesen arktischen Gewässern noch unbeherrschbarer.

Klima, Wetter und mangelnde Infrastruktur würden es so gut wie unmöglich machen, einen Blow-out zu handhaben, warnt Greenpeace: An den unzugänglichen grönländischen Küsten könne anders als in Lousiana das Öl nicht einmal aufgesammelt werden. Im kalten Wasser würde der Verdunstungsprozess auch deutlich langsamer vor sich gehen. Und weil das Meeresgebiet ein halbes Jahr von Eis bedeckt ist, könnte ein Ölaustritt aus den jetzt gebohrten Löchern zwischen Oktober und Mai überhaupt nicht bekämpft werden. Das Öl würde mit dem treibenden Eis dann womöglich über weite Strecken transportiert. "Wenn etwas passiert, sind wir verloren", warnte der kommunale Bereitschaftschef am fraglichen Küstenabschnitt schon vor Monaten: "Wir könnten nichts tun, als zuzuschauen."

Doch für die grönländische Regierung und die meisten GrönländerInnen gilt das Öl vor der Küste als Schlüssel der Unabhängigkeit. Kritische Stimmen sind selten zu hören; das Greenpeace-Schiff wurde mit einer Protestdemonstration empfangen, als es vergangene Woche im Hafen der Hauptstadt Nuuk anlegte. "Wir brauchen eine stärkere Wirtschaft und wir müssen die Möglichkeiten ausnutzen, die das Öl uns bringen kann", erklärte der grönländische Premierminister Kuupik Kleist.

Verstärkt wird das Risiko dadurch, dass das Unternehmen Cairn Energy, das nun vor Grönland tätig zu werden droht, kaum Erfahrung mit Arktis- und Tiefseebohrungen hat. Das kleine Unternehmen aus Edinburgh hatte mit einem vom Ölkonzern Shell aufgegebenen und billig übernommenen Ölfeld vor Indien einen Jackpot gewonnen. Eine Lizenz, für die man im Jahr 1997 7 Millionen Dollar bezahlt hatte, will man jetzt für 8,5 bis 9,6 Milliarden weiterverkaufen. Teile des Gewinns sollen vor Grönland verbohrt werden. Das Wall Street Journal ordnete Cairn als "Wildcat" ein: Möglichkeit hoher Gewinne, aber ein kaum kalkulierbares Risiko für Investoren. Umweltschützer befürchten, dass das Unternehmen bereit ist, auch bei seinen Bohraktivitäten ein hohes Risiko einzugehen.

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