Internes Dossier: Bahn zweifelt an Stuttgart 21

Einem internen Dossier zufolge könnten die Kosten des Bahnhofsprojekts das Limit deutlich übersteigen. Auch bei der Baufirmensuche gibt's Probleme.

Könnte eine Simulation bleiben: Stuttgart 21. Bild: dpa

STUTTGART taz | Ein Volksentscheid über das Bahnprojekt Stuttgart 21 könnte sich schon bald erledigt haben. Wie aus einem internen Dossier hervorgeht, stellt sich die Deutsche Bahn AG darauf ein, dass die Kosten möglicherweise so stark steigen, dass sie das Limit sprengen. Die Baurisiken könnten das Projekt um etwa 1,26 Milliarden Euro verteuern, berichtete das Magazin Stern am Dienstag vorab.

Damit würden die Gesamtkosten 5,3 Milliarden betragen - die Projektträger haben aber als Sollbruchstelle 4,5 Milliarden Euro vorgesehen. Die Nachricht platzt mitten in die grün-roten Koalitionsverhandlungen in Baden Württemberg.

Das Dossier sei die erste umfassende Analyse nach der Schlichtung im vergangenen November, schreibt der Stern. Es liste 121 Risiken auf. Unter anderem, dass die Gefahr eines unkontrollierbar aufquellenden Anhydrits im Stuttgarter Untergrund groß sei. Auch gebe es mehr Grundwasser als in den Modellrechnungen bisher angenommen. Für den Cannstatter Tunnel ließe sich wegen des hohen Risikos keine Bohrfirma finden. Die Baufirma Wolff & Müller stelle die "technische Machbarkeit" infrage, den alten Bahnhof während der Arbeiten wie geplant abzustützen, heißt es.

"Über einen Leichnam lohnt es sich nicht abzustimmen"

Die Grünen warnen seit langem vor derartigen Risiken. Ihr zukünftiger Koalitionspartner SPD aber ist mehrheitlich für das Projekt. Im Vorfeld der Wahl hatten beide eine Volksbefragung gefordert. Doch diese Frage stelle sich jetzt erst einmal nicht, sagte der Grünen-Verkehrsexperte Werner Wölfle. "Über einen Leichnam lohnt es sich nicht abzustimmen." Wenn der Bericht zutreffe, wären die Voraussetzungen, das Projekt zu realisieren, möglicherweise nicht mehr gegeben. Mit diesen neuen Tatsachen müsse sich auch die SPD auseinandersetzen.

Deren Landeschef Nils Schmid hatte zuletzt eine Volksabstimmung zur Bedingung für eine Koalition gemacht. Im taz-Interview hatte er zudem gesagt, die Bürger sollten "in voller Kenntnis über die Kosten" entscheiden.

Ein Sprecher der Bahn sagte am Dienstag, es handle sich bei dem Papier um einen regelmäßigen Bericht. "Es ist ausdrückliche Aufgabe der Projektleitung, zu jeder Zeit alle nur denkbaren Risiken darzustellen und im weiteren Projektverlauf durch entsprechende Maßnahmen zu reduzieren."

Dass jedoch auch bei der Bahn und beim Bund Überlegungen über einen Ausstieg angestellt werden, zeigten entsprechende Äußerungen von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Dieser hatte am Wochenende angekündigt, dass es auch vorstellbar sei, nur die Neubaustrecke nach Ulm ohne den Tiefbahnhof zu realisieren.

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