Kommentar Handyüberwachung in Dresden: Aufarbeiten statt löschen

Nach der massenhaften Speicherung und Überwachung von Handydaten wird der Ruf nach einer Löschung der Daten laut. Doch die Daten werden noch gebraucht.

Prüfen stat löschen: Die Auswertung der Daten soll zeigen, was der Staat tatsächlich ermittelt hat. Bild: dpa

So langsam wird der Umfang der Überwachung bekannt: 138.000 Datensätze wurden im Rahmen der Demonstrationen am 19. Februar in Dresden polizeilich ausgewertet. Diese Daten sind noch immer bei den Dresdner Behörden gespeichert.

Ersteres ist ein Skandal. Letzteres nicht. Wer jetzt die Löschung dieser Daten fordert, verhindert die Aufarbeitung der Frage, ob es sich bei der Massenauswertung in der Demozone um einen Grundrechtsverstoß handelt.

Weil polizeiliche Maßnahmen auf Demonstrationen nach gültiger Rechtsprechung auch eine Abschreckungswirkung auf die Teilnahme an weiteren Demonstrationen haben können, bedarf gerade eine so weitreichende Maßnahme wie die flächenmäßige Ausforschung von Ortungsdaten auf Demos einer eigenen juristischen Würdigung.

Weder die Anwohner und Demonstranten noch die in ihrer Arbeit besonders geschützten Parlamentarier und Journalisten, die am 19. Februar in Dresden waren, können ihren Gesprächspartnern derzeit Vertraulichkeit zusichern. Da liegt es nahe, nun die schnelle Löschung der Daten zu fordern.

Doch erstens kann davon ausgegangen werden, dass Verfassungsschützer in der parlamentarisch kaum kontrollierbaren Grauzone längst Kopien der Daten in ihren Schubladen haben. Zweitens müssen Betroffene feststellen können, ob und wie umfassend sie am 19. Februar in ihren Grundrechten eingeschränkt wurden - und ob es sie wieder treffen kann. Das geht nur, wenn nachzuvollziehen ist, was der Staat über sie ermittelt hat und was nicht.

Ob es in Dresden en passant zum unrechtmäßigen Eingriff in Grundrechte kam, muss nun vor Gericht festgestellt werden. Deshalb gilt: Wer jetzt noch löscht, vernebelt.

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