Film über Justizirrtum: "Beweise landeten in falscher Akte"

Teamworx-Produzent Sascha Schwingel spricht über die Justiz und ihre Opfer. Den Fall des Harry Wörz, der zu Unrecht im Gefängnis saß, will er jetzt verfilmen.

Der Fall Wörz: zu Unrecht in den Knast und erst Jahre später freigesprochen. Bild: dpa

Harry Wörz saß jahrelang wegen versuchten Totschlags im Gefängnis und wurde erst nach Wiederaufnahme und Revision freigesprochen. Die damals ermittelnde Polizei hatte mindestens fahrlässig gearbeitet, stammte doch ein anderer Tatverdächtiger, der damalige Geliebte von Wörz' Exfrau, aus ihren eigenen Reihen.

taz: Herr Schwingel, wie kamen Sie darauf, diesen Stoff zu verfilmen?

Sascha Schwingel: Ich habe schon vor einigen Jahren für ProSieben die Serie "Unschuldig" produziert und mich mit den Geschichten von unschuldig Inhaftierten auseinandergesetzt. Damals sind wir bereits auf den Fall Harry Wörz gestoßen, der noch nicht entschieden war. Ich habe den Fall über die letzten Jahre verfolgt, und als ich letztes Jahr las, dass Wörz endgültig freigesprochen worden war, habe ich mich direkt um die Persönlichkeitsrechte bemüht.

Was ist das Faszinierende an einer solchen Geschichte?

Man hat ein großes Grundvertrauen in den Staat, in dem man lebt. Aber unschuldig aus seinem gesamten Leben herausgerissen zu werden, eingesperrt und seiner elementarsten Rechte beraubt zu werden, das übt eine schreckliche Anziehungskraft aus.

Man hat den Eindruck, dass zurzeit viele Institutionen oder Personen, denen die Gesellschaft früher Vertrauen geschenkt hat, in den Medien kritisch dargestellt werden.

Das könnte sein. Vor einiger Zeit haben wir darüber nachgedacht, eine deutsche Version der erfolgreichen US-Serie "The Shield" zu produzieren. Aber wir waren uns nicht sicher, ob man eine Krimiserie mit korrupten Polizisten als Hauptfiguren bei uns zeigen kann. Das deutsche Publikum hätte solche "Helden" damals wahrscheinlich nicht angenommen, weil die Vorstellung von kriminellen Polizisten zu beunruhigend war. Es ist auch ein Unterschied, ob man eine Serie oder einen Spielfilm über diese Themen macht.

Gibt es zurzeit einen Wandel, was die Akzeptanz für solche Geschichten angeht?

Man bemerkt, dass in der Gesellschaft die Bereitschaft zur Kritik und zum Protest doch stark gestiegen ist. Eigentlich ist es ein gutes Zeichen für die Mündigkeit des Bürgers. Was die Geschichte von Wörz angeht, so sind damals beiden ermittelnden Behörden die absurdesten Dinge passiert. Auch ist beispielsweise erwiesen, dass erst nach Jahren wichtige Beweise offenbar wurden, weil diese "aus Versehen" in der falschen Akte gelandet sind. Das werden wir zeigen, und daraus kann der Zuschauer seine eigenen Schlüsse ziehen. Wir müssen darauf hinweisen, dass so etwas nicht passieren darf, um die Grundfesten der Gesellschaft zu erhalten.

Institutionen wie Justiz und Polizei sind nicht gerade dafür bekannt, dass sie Fehler freiwillig zugeben. Wie sichern Sie sich rechtlich ab?

Wenn es um komplexe Zusammenhänge geht, arbeiten wir häufig mit Christian Scherz zusammen, der sich bei Persönlichkeits- und Urheberrechten sehr gut auskennt. Mit ihm haben wir bereits eine erste Sitzung gehabt, damit die Autoren wissen, wo die Schwierigkeiten bei der Geschichte von Harry Wörz liegen. Wir kooperieren ebenfalls mit Harry Wörz' Verteidiger, Hubert Gorka, und mit Gunther Scholz, der die drei Fernsehdokumentationen über den Fall gemacht hat.

Gibt es weitere ähnliche Themen, an denen Sie arbeiten?

Einige. Im Moment bereiten wir unter anderem einen Film über die Sportwettenmafia vor, der auch den Profifußball in einem kritischen Licht erscheinen lässt.

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