Kolumne Press-Schlag: Ein Emoticon fürs Herz

Die neue Mitte der Liga wird angeführt vom FC Kloppo, der auch in der Niederlage alles richtig macht. Er erzählt die Fabel von den Dortmunder Duracellhasen.

Nur echt mit 52 Zähnen: Der sympathische Geschichtenerzähler Jürgen Klopp aus Dortmund Bild: dpa

Es ist schon erstaunlich, wie klar die Verhältnisse in der Liga sind. Die Bayern sind enteilt und planen wohl schon ihre Schunkelrunde auf dem Rathausbalkon. Auf den Abstiegsplätzen haben sich der FC Augsburg und Fürth als Dauermieter eingerichtet. Ihr Abstieg scheint jetzt schon unausweichlich.

Zwischen den Extremen hat sich ein Mittelfeld gebildet, das, um in der Fußballsprache zu bleiben, sehr „kompakt“ ist. Die besonders breite Mitte reicht von Platz drei (Borussia Dortmund) bis Platz 15 (Fortuna Düsseldorf). Beide Vereine trennen nur neun Punkte. Das heißt: In dieser Zone geht es künftig zur Sache. Hier ist mit ständigen Positionswechseln zu rechnen, während oben und unten, an den Polen der Tabelle, eher gähnende Langeweile herrscht.

Krösus unter den Mittigen bleibt natürlich der BVB mit dem wunder- und werbewirksamen Jürgen Klopp. Nachdem er die Schwarz-Gelben fußballerisch auf ein neues Niveau gehievt hat, versucht er das nun auch mit einem maroden Autobauer. Und siehe da: Was bei Seat noch peinlich wirkte („Wie war das Spiel?“ – „Enjoy“), das hat bei Opel durchaus Champions-League-Format.

Klopp ist ein Mann, der nicht nur Kolumnistinnen von Spiegel Online anspricht, sondern ganz viele Fußballfans im Land. Er ist ein begnadeter Trainer – und Verkäufer. Sein „Werbewert“, also die Maßeinheit, mit der das Charisma eines Menschen gemessen wird, erreicht ständig neue Höhen. Der Verkäufer Klopp in seiner Rolle als Charmebolzen hat es geschafft, die Dortmunder als ewige Gewinner dastehen zu lassen.

Komplimente auch nach Niederlagen

In der Champions League sind sie es ja ohnehin. Aber auch in der Bundesliga entdeckt der gemeine Fußballfan aus Pforzheim oder Peine sein Herz für den BVB, weil dessen Spieler so aufopferungsvoll kämpfen, immer alles geben für Fans, Trainer und Verein, und weil sie so eine tolle Hatz auf den ballführenden Spieler veranstalten.

Selbst bei Niederlagen tritt Verkaufsgenie Klopp auf den Plan und überhäuft seine Mannschaft mit Komplimenten. Die „Truppe“, die „Jungs“ hätten das wieder bravourös gemacht, allein höhere Mächte (unberechtigte Rote Karte gegen Schmelzer und Elfer) hätten das gerechte Spielergebnis torpediert. Wobei die höheren Mächte im aktuellen Fall einen Namen haben: Wolfgang Stark, der Schiedsrichter. Und wenn schon: Selbst wenn der Referee einen schwarzen Tag hatte, wird seine Fehlleistung flugs in die Fabel von den Dortmunder Duracellhasen eingebaut.

Klopp erzählt diese Geschichte immer wieder. Und gerade in der Weihnachtszeit geht sie einem auch sehr zu Herzen. Wer will schon die kalten, technokratischen Erfolge des FC Bayern feiern? Wer will den bajuwarischen Zuchtmeistern zuhören, die ihre Belegschaft zu schnöden Punktelieferanten degradieren?

Der FC Bayern agiert maschinell. Dortmund dagegen inszeniert sich als fußballerisches Emoticon. Besser hätte man sich das nicht ausdenken können.

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