Kommentar Deutsche Bank: Die Kultur des Absahnens

Die neuen Deutsche-Bank-Chefs Jain und Fitschen treten ein schweres Erbe an. Sie müssen sich mit den Vergehen der Vergangenheit auseinandersetzen.

Jürgen Fitschen: gramgebeugter Banker. Bild: dpa

Wie ist das mit der angeblich neuen Konzernkultur bei Deutschlands größtem Bankhaus? Angetreten war man unter dem Motto „Nicht alles was legal ist, ist auch legitim“. Nun zeigt sich erneut, dass das Labern von der Moral nur ein neuer Werbeclaim war.

Die Deutsche Bank handelt auch unter den neuen Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen offenbar nach der Devise: „Nicht alles was legal ist, steigert auch die Rendite. Ist uns aber egal.“ Den einst so mächtigen Bänkern wird dieser graue Dezember sechs Monate nach dem Abgang ihres langjährigen Vorstandschefs Josef Ackermann lange als Trauma in Erinnerung bleiben: 500 Beamte filzen ihre Büros in ganz Deutschland wie bei einer Razzia, der Finanzkonzern steht am Pranger.

In der Causa wird gegen 25 Beschäftigte ermittelt, gegen fünf läuft ein Haftbefehl. Noch schlimmer: Die Justiz hegt auch den Verdacht, Fitschen und sein Finanzvorstand Stefan Krause hätten der systematischen Steuerhinterziehung Vorschub geleistet. Die Vorwürfe reichen bis ins Jahr 2009 zurück: Die Topmanager hätten damals das Hin- und Herschieben von Emmissionszertifikaten über Ländergrenzen zumindest gedeckt. Später habe das Geldhaus versucht, den Schmu mit der Umsatzsteuer zu vertuschen.

Angeblich ist sogar Geldwäsche mit im Spiel. Angeblicher Schaden für den Fiskus: 800 Millionen Euro. Das sind keine Peanuts. Noch schlimmer: Die Machenschaften der Deutschen Bank haben Tradition. Der lange als Pate gefürchtete Ex-Chef Ackermann hat in den sechs Jahren seiner Regentschaft ein System der Gier befördert, in dem Gesetze zu Hindernissen, ihre Übertretung zum Sport wurde.

Zerstampfte Gesetze

„Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit“, zitiert Marx in „Das Kapital“ den britischen Ökonomen P.J. Dunning. Zehn Prozent Rendite könne der Investor schon nur mit „kühnen“ Aktionen erreichen, bei 20 Prozent werde das Kapital „lebhaft“, bei 50 waghalsig, für 100 Prozent Rendite „stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß“.

Schon um das 25-Prozent-Ziel Ackermanns zu erreichen, hat die Deutsche Bank viele Gesetze zertrampelt. Die Deutschbanker, hofiert von der Bundesregierung, haben derzeit mit einer Vielzahl von Verfahren und Vorwürfen zu kämpfen, die vor allem auf die Ära Ackermann zurückgehen. Alle paar Monate erblickt ein neuer Skandal das Licht der Öffentlichkeit. So soll die Deutsche Bank nach der Lehman-Pleite ihre Bilanzen frisiert haben, um nicht auf Staatshilfen angewiesen zu sein.

Die Bank hat bereits hunderte Millionen Dollar in den USA gezahlt, weil sie sich mit getricksten Angaben Zugang zu Regierungsprogrammen erschlichen hat. Die Finanzaufsicht Bafin prüft, ob auch die Männer aus den Frankfurter Zwillingstürmen an Manipulationen des Interbanken-Zinses Libor beteiligt waren. Und und und. Weil Fitschen & Co offenbar noch nicht begriffen haben, dass im fünften Jahr der Finanzkrise Schluss mit der Kultur des Absahnens ist, kommt nun der Haftrichter. Wahrscheinlich nicht zum letzten Mal. Die Deutsche Bank muss sich wirklich ändern. Sonst hat sie keine Zukunft mehr.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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