Superbowl 2013: Die Legende von John und Jim

Fragen über Fragen vor der großen Show: Welcher der Brüder Harbaugh gewinnt? Und wird 49ers-Quarterback Kaepernick gegen Baltimore wieder so viel laufen?

Beherrscht die „read option“: San Franciscos Quarterback Colin Kaepernick. Bild: dpa

NEW ORLEANS taz | John ist 14 Monate älter als sein Bruder Jim, und man darf sagen, dass er auf den ersten Blick eindeutig lockerer daherkommt. John ist der Trainer der Footballmannschaft Baltimore Ravens. Die spielen in der Nacht zum Montag (0.30 Uhr, MEZ) in Super Bowl Nummer 47 gegen die San Francisco 49ers. Und die werden trainiert von Bruder Jim. Ihr Nachname lautet übrigens Harbaugh, weshalb dieser Super Bowl nun auch „Harbaughl“ genannt wird.

Als Jim am vergangenen Mittwoch seine Pressekonferenz beendete, zog er schweigend von dannen. Als John zwei Stunden danach seine Pressekonferenz beendete, begann ein Journalist, offensichtlich ein Fan der Ravens, zu klatschen, und John hob spontan den Arm und bedankte sich. Überhaupt streut er in seine Antworten immer wieder kleine Witze ein.

Er scheint mit dem Druck viel besser umgehen zu können, der in einer Super-Bowl-Woche auf Spielern und Trainern lastet, es ist vor allem ein medialer Druck. Im Fall von Jim und John geht es dabei darum, nicht genervt zu wirken, wenn etwa zum tausendsten Mal gefragt wird, ob sie irgendwelche taktischen Tricks vom Bruder erwarten („Nein“). Zusätzlich wurden dann auch noch die Eltern Jack und Jackie nach New Orleans eingeflogen, um der Welt zu sagen, dass sie nach dem Spiel in ihren Gedanken bei jenem Sohn sein werden, der verloren hat.

Abgesehen davon, dass beide Trainer tatsächlich einen ähnlichen Stil pflegen, werden durch die familiären Bande viele andere Geschichten im Vorfeld überdeckt. Zum Beispiel jene, dass es für New Orleans der erste Super Bowl nach der großen Katastrophe von 2005 ist, als Hurrikan „Katrina“ die Stadt fast komplett unter Wasser setzte. Und dass im damals stark beschädigten Superdome Obdachlose Zuflucht fanden. Hier wird Montagfrüh deutscher Zeit ein Quarterback die Vince-Lombardi-Trophäe in die Höhe recken.

Blick des Spielmachers

Auch das Duell der Quarterbacks ist interessant, weil beide nicht dem klassischen Bild des Spielmachers entsprechen. Joe Flacco von den Ravens ist für einen Quarterback ein eher unscheinbarer Typ, im Rampenlicht steht eher Abwehrspieler Ray Lewis, der nach 17 Jahren am Sonntag sein letztes Spiel bestreitet. Flacco hat die Ravens zu wichtigen Siegen geführt, doch er ist dabei nie vorangegangen.

Stadionerlebnis: Die billigste Karte im New-Orleans Superdome kostet 2.000 Dollar. Ein bisschen billiger ist das Parken. Im vergangenen Jahr kostete ein Parkticket umgerechnet 450 Euro.

Fernsehereignis: Die NFL rechnet mit 1 Milliarde TV-Zuschauern. Das Fernsehen scheint etliche Menschen so sehr anzustrengen, dass sich am Tag nach dem Superbowl 6 Prozent mehr Amerikaner krankmelden als sonst.

Business: 206 Millionen Dollar generiert die NFL am Finaltag. In den USA kostet ein 30 Sekunden langer Werbespot bei der TV-Übertragung 4,5 Millionen Dollar.

Flacco spielt bereits seine fünfte Saison, San Franciscos Colin Kaepernick hat gerade mal acht Spiele von Beginn an absolviert. Der 25-Jährige verdrängte dabei Alex Smith, als dieser sich Mitte der Saison eine Gehirnerschütterung zuzog. Rein statistisch war Smith der drittbeste Quarterback der Liga gewesen, und doch spielte er hernach nicht mehr.

Denn Kaepernick hat ein Talent mehr als Smith: Er erläuft selbst viele Yards und macht damit die Offensive für den Gegner unberechenbarer. Kaepernick ist ein Modellathlet, und die anderen zehn Spieler der Offensive haben sich darauf eingestellt. Die 49ers spielen nun oft mit einer „read option“, wonach der Quarterback erst während des Spielzugs entscheidet, wer mit dem Ball in welche Lücke läuft.

In der Profiliga NFL hat man gerade erst begonnen, diese Erfindung aus dem College Football regelmäßig einzusetzen, und Kaepernick ist nicht der einzige Quarterback, der die „read option“ beherrscht. Doch er hat als Erster damit den Super Bowl erreicht. Es wird deshalb am Sonntag auch um die Frage gehen, ob sich der Profifootball jetzt gerade weiterentwickelt, oder ob es sich vielleicht doch nur um ein vorübergehendes Phänomen handelt.

„Trick des Teufels“

Ravens-Linebacker Ray Lewis glaubt jedenfalls, ein Rezept gegen den rennenden Quarterback gefunden zu haben. „Die 49ers waren vor allem dann erfolgreich, wenn die gegnerischen Abwehrspieler zu wenig miteinander kommuniziert haben. Wir kommunizieren sehr viel miteinander.“

Lewis wurde im Laufe der Woche auch mit Doping-Vorwürfen konfrontiert, die er als „Trick des Teufels“ abtat, als Ablenkungsmanöver von bösen Menschen. Wenn es nach ihm geht, haben die Ravens mit Gott ohnehin einen zusätzlichen Spieler auf dem Platz.

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