Kommentar Hans-Christian Ströbele: Wenigstens ein klarer Auftritt

Man kann den Menschen im Wahlkreis von Hans-Christian Ströbele nur gratulieren, dass er noch einmal antritt. Bei ihm weiß man, woran man ist.

Immer da, wo es brennt: Hans-Christian Ströbele im April 2009 vor einem ausgebrannten Supermarkt in der Nähe von Straßburg, wo es damals heftige Proteste gegen einen Nato-Gipfel gab. Bild: reuters

Muss man über Hans-Christian Ströbele noch Worte verlieren? Nein. Von daher kann man jene Menschen im Bundestagswahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg-Ost nur beglückwünschen: Dort tritt Ströbele, wie die Grünen am Samstag entschieden haben, nun zum vierten Mal in Folge als Direktkandidat an. Die WählerInnen dort - und nicht nur die, die für ihn stimmen - wissen, woran sie sind.

Das ist viel wert in dem aufkommenden Bundestagswahlkampf, der von Rollenspielen vermeintlicher Lager dominiert werden dürfte: SPD und Grüne wollen sich vor allem als Anti-CDU bzw. -FDP darstellen - wobei jeder einigermaßen aufklärte Mensch weiß, dass solche Positionen schon am Wahlabend obsolet weil von der Realität überholt sein können. Und es statt zu Rot-Grün dann eben doch zu Schwarz-Rot oder zu Schwarz-Grün kommt.

Ströbeles klare Positionen hingegen sind eine leichtere Form der Wählerenttäuschung. Denn viele sind selbst in seiner Partei Minderheitenmeinung und nicht umsetzbar. Der inzwischen 73-Jährige kann sie artikulieren, aber nicht realisieren. Das ist natürlich besser, als sie überhaupt nicht anzusprechen.

Hans-Christian Ströbele will noch einmal in den Bundestag einziehen. Der 73-Jährige wurde am Samstag zum vierten Mal in Folge als Grünen-Direktkandidat für den Bundestag im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg-Ost nominiert. Ströbele erhielt bei einer Mitgliederversammlung im Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg 59 von 64 gültigen Stimmen, wie ein Sprecher mitteilte. Es gab drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Ströbele hat das bisher einzige Direktmandat der Grünen für den Bundestag bereits dreimal gewonnen. (dpa)

Es fällt jedoch immer auch ein bisschen negativ auf die Grünen selbst zurück. Die Partei, die mitten in einem Modernisierungsprozess ist, trägt Ströbele bisweilen ja wie ein Maskottchen vor sich her und sonnt sich in seinem Erfolg als direkt gewählter Abgeordneter. Trotzdem hat kein Grüner auch nur ansatzweise versucht, Ströbeles Erfolgsrezept zu übernehmen. Weil dieser ein Unikum ist oder ein Relikt aus alten Zeiten? Nein, wohl eher, weil Klarheit Mut verlangt, und der - in allen Parteien - selten geworden ist.

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Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.

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