Die Verwaltung der Armut: Antwort: ungenügend

Der Senat zieht nach Kritik der grünen Sozialpolitikerin ein Papier zu Wohnungslosen zurück. Das Problem werde schöngeredet, sagt die – und fordert „mehr Transparenz“.

Dieses "Übergangswohnheim" für Wohnungslose - das Papageienhaus - wird in diesem Jahr geschlossen. Bild: Klaus Wolschner

In der Fürsorge für „Wohnungslose“ werde „nur Armut verwaltet“, kritisiert die Sozialpolitikerin der Grünen, Susanne Wendland. „Seit 15 Jahren ist da nicht mehr richtig hingeschaut worden.“ Es könne nicht sein, dass Menschen jahrelang in Einrichtungen gesteckt würden, die den schönen Namen „Übergangswohnheim“ tragen.

Früher gab es in Bremen eine Wohnungsbaugesellschaft, die sich besonders um diese Menschen kümmerte – die „Bremische“. Sie wurde verscherbelt. „Ein Unding“, sagt Wendland heute. Seit 1981 gibt es zudem einen „Wohnungsnotstandsvertrag“ mit den großen Bauträgern – er wird vom Senat aber nicht mehr in Anspruch genommen. Es gebe inzwischen eine „Zentrale Fachstelle Wohnen“ (ZFW) – und die arbeite „im Rahmen eines integrierten Konzepts mit den potentiellen Wohnungsnotstandsfällen und der Wohnungswirtschaft zusammen“, so die rot-grüne Landesregierung. In der Regel würden Wohnungsnotstandsfälle präventiv vermieden – hat der Senat Wendland erklärt. Wenn sie durch die Straßen gehe und mit den Obdachlosen rede, habe sie nicht diesen Eindruck, sagt hingegen Wendland.

Deshalb hat sie eine kleine Anfrage gestellt, um einmal zu erfahren, wie viel Geld denn welcher Träger für welches Angebot an Wohnungslose bekommt. „Mehr Transparenz bei den Angeboten und Kosten der Wohnungslosenhilfe“ ist der Titel der Anfrage. Eigentlich sollte der Senat am heutigen Dienstag die Antwort darauf beschließen – ein Bündel von Tabellen. Wendland hat diese Antwort im Vorfeld als ungenügend zurückgewiesen, weil ihr nicht alle Antworten auf die 28 Fragen genau genug waren. Die senatorischen Behörden sollen nun nacharbeiten.

Wenn man die Zahlen zum Thema „Notunterkünfte“ zusammenrechnet, dann hat der Senat 2011 insgesamt rund zwei Millionen Euro dafür ausgegeben – das ist Geld für Menschen, bei denen die „präventive“ Hilfe eben nicht geklappt hat. Allein das Jacobus-Haus hat mehr als 700.000 Euro davon bekommen, die „Frauennotunterkunft“, die ebenfalls zur Inneren Mission gehört, mehr als 400.000 Euro. Es gibt kleinere „Gästehäuser“ für Obdachlose mit geringerem Hilfebedarf, drogenabhängige Obdachlose und ehemalige Straffällige. 25 Plätze werden vorgehalten für „obdachlose Menschen mit hohen Integrationshemmnissen und wenig Veränderungsabsichten“. Die sind besonders billig: nur 16 Euro pro Nacht. Die Unterkunft für eine obdachlose, alleinstehende Frau „mit größerem Hilfebedarf“ kostet dagegen fast 90 Euro die Nacht.

Die meisten Obdachlosen wollen eine Wohnung und kein heruntergekommenes Billig-Hotel, sagt Wendland. Nach dem „Wohnungsnotstandsvertrag“ müssten die Wohnungsbaugesellschaften 60 Prozent der frei werdenden Sozialwohnungen „Wohnungsnotstandsfällen“ anbieten. 2005 hat Bremen noch 114 „Wohnungsnotstandsfälle“ mit dem erforderlichen Berechtigungs-Schein ausgestattet, 2010 nur noch 16. „In wie vielen Fällen wurden Klienten der ZFW und anderen Beratungsstellen von Wohnungsunternehmen im Zeitraum 2005 bis 2010 abgelehnt?“, wollte die grüne Sozialpolitikerin wissen. „Dazu gibt es keine belastbaren Zahlen“, so der Senat. Die Betroffenen würden häufig auf Wartelisten aufgenommen, mit dem Hinweis, es gebe zurzeit keinen angemessenen Wohnraum für sie. Und diese Fälle zählt niemand.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.