Waffenexporte: Gebremste Lürssen-Empörung

Die SPD will keine Empörung über die Waffenlieferung an Saudi-Arabien. Die Grünen wollen den Senat nicht verpflichten, ihre Ablehnung nach Berlin zu tragen

Ein gutes Geschäft: Die Lürssen-Werft baut Luxusyachten und Kriegsschiffe. Bild: dpa

„Wir wollen keine Empörung“, erklärte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Andreas Kottisch gestern im Parlament. Die Firma Lürssen „macht nichts Illegales“, sie als „Waffenschieber“ zu bezeichnen, die ein „Geschäft mit dem Tod“ betreibe, das habe eine „falsche Intonation: Sie diffamieren zigtausende Mitarbeiter in diesem Bundesland.“

Anlass der Debatte: Saudi-Arabien, eine islamistische Diktatur, will bei der Lürssen Werft Marineboote im Wert von 1,5 Milliarden Euro bestellen. Der Bundessicherheitsrat hat eine Voranfrage positiv beschieden, die Bundesregierung würde das Geschäft genehmigen. Die Linke hatte in der Bürgerschaft einen Antrag formuliert, mit dem der Senat aufgefordert werden sollte, zu dem Thema klar Stellung zu nehmen und sich auf Bundesebene für einen sofortigen Genehmigungsstopp aller Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien und in den Nahen Osten einzusetzen.

Für den Senat begründete Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) die Ablehnung dieses Ansinnens so: Es gebe nur eine Zeitungsmeldung, der Senat habe keinerlei eigene Erkenntnisse über den Vorgang. Man werde aber nicht eine „Debatte im Konjunktiv“ kommentieren.

Diese neue Voranfrage reihe sich ein in eine lange Liste an Rüstungs-Exporten in den Nahen Osten, hatte die Linke zur Begründung ihrer Initiative erläutert. Kristina Vogt: „Den 800 Leopard 2-Kampfpanzern, die letztes Jahr im Sicherheitsrat für den Export genehmigt wurden, folgten Spürpanzer, Schützenpanzer und nun Schiffe für die Marine – Saudi-Arabien wird mit deutschen und Bremer Waffen bis an die Zähne aufgerüstet.“ Das wahhabitische Regime stehe dabei „im Verdacht, salafistische Kampfverbände zu finanzieren“, und werden dennoch von der Bundesregierung als geostrategischer Partner angesehen: „2012 ist Riad zum größten Importeur deutscher Rüstungsgüter aufgestiegen.“

Für die CDU versuchte Jörg Kastendiek eine Ehrenrettung der Bundesregierung nach dem Motto: Wir sind alle Schweine. In der Zeit der rot-grünen Koalition und des Außenministers Joschka Fischer seien die guten Kontakte zu Saudi-Arabien auch gepflegt worden und die Rüstungsexporte gestiegen, erklärte er. Die Inhaber des Familienbetriebes Lürssen seien zudem „angesehene Bürger“ Bremens und würden einen „kaum zu überschätzender Beitrag“ zur kulturellen Identität der Stadt und der Region leisten. Bei der Bewertung des aktuellen Auftrages müsse man berücksichtigen, dass es sich um Küstenschutzboote handele. Es gehe zudem um die Abwägung „geostrategischer Interessen“.

Mit diesem Argument hätten die USA auch einmal die Taliban bewaffnet, konterte Matthias Güldner für die Grünen und distanzierte sich ausdrücklich von der Haltung des grünen Außenministers Fischer zu Saudi-Arabien. In dem Land herrsche eine Scharia-Diktatur, insbesondere die Rechte der Frau würden mit Füßen getreten und der Bremer Verfassungsschutz habe Hinweise, dass aus Saudi-Arabien auch terroristische Bremer Salafisten unterstützt würden. Güldner erklärte, die Grünen seien strikt gegen Waffenlieferungen – und erhielt mehrfach Beifall auch aus der SPD-Fraktion. Die Grünen lehnten dennoch geschlossen den Antrag der Linken ab. Begründung Güldners: „Der Senat kann auf diese Dinge nicht Einfluss nehmen. Sie tun so, als gäbe es eine Möglichkeit, dieses Geschäft zu verhindern.“

Parlamentspräsident Christian Weber (SPD), der in der Bild-Zeitung mit dem Argument ’Geschäft ist Geschäft‘ den Rüstungsauftrag befürwortet hatte, fehlte übrigens gestern bei der Debatte wie bei der namentlichen Abstimmung.

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