TSG Hoffenheim in der Bundesliga: Das Zittern des getroffenen Hundes

Der Abwärtstrend ist nicht zu bremsen. Bei 1899 Hoffenheim geht schief, was schiefgehen kann. Doch die Krise ist hausgemacht.

Sinnbildlich für Hoffenheims Krise: Tim Wiese. Bild: reuters

ZUZENHAUSEN taz | Rund 20 Neugierige stehen an diesem Mittwoch am Trainingsgelände der TSG 1899 Hoffenheim, eine kleine Runde älterer Herrschaften diskutiert lebhaft. „Hast du gehört, was dieser Watzke und der Bruchhagen wieder gesagt haben“, fragt einer, und schon geht die Debatte los.

Hier am Trainingsplatz der TSG ist man sich einig: Neid, Neid und noch mal Neid seien die Triebfedern hinter den Aussagen von Hans-Joachim Watzke, den Geschäftsführer von Borussia Dortmund, und Heribert Bruchhagen, dem Vorstandsboss von Eintracht Frankfurt. Anfang der Woche hatten die beiden sich mal wieder abfällig über von Unternehmen oder Mäzenen alimentierte Bundesligaklubs wie Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und eben die TSG Hoffenheim geäußert. Diese nähmen Traditionsvereinen wie Kaiserslautern oder Köln nur die Startplätze in Liga eins weg.

Eigentlich könnten sie in Hoffenheim ja cool bleiben. Doch Gelassenheit war noch nie die Stärke dieses Klubs und seines Mäzens Dietmar Hopp. Ein Artikel auf der Hoffenheimer Webseite nahm Stellung dazu. Aber hätte es das gebraucht? Im hochkapitalisierten Fußball geht es einzig um Geld – ob in Dortmund, Madrid oder Hoffenheim, hier die Moraldebatte anzufangen, läuft ins Leere. Doch Hoffenheim bellt mal wieder zurück wie ein getroffener Hund, und das macht es so schwierig mit diesem Klub.

Die fehlende Gelassenheit ist der Hauptgrund für das schlechte Image. Dabei war die Wahrnehmung der TSG vor knapp vier Jahren noch ganz anders. Herbstmeister in der ersten Bundesligasaison, vom Offensivfußball der Mannschaft von Trainer Ralf Rangnick schwärmte die ganze Fußballwelt. Doch seitdem hat sich die TSG in einer ähnlich beeindruckenden Weise selbst ihr Image und ihr sportliches Standing ramponiert, wie sie einst den Aufstieg aus den Niederungen des Amateurfußballs an die Spitze der Bundesliga geschafft hat. Diesen Samstag spielt die TSG beim FC Augsburg und verliert sie, steht sie auf einem Abstiegsplatz in der Bundesliga.

Abwärtstrend ist nicht zu bremsen

Der tiefe Fall der letzten Jahre ist hausgemacht. Seit der unnötigen Trennung im Januar 2011 von Erfolgstrainer Ralf Rangnick, der sich beim Transfer von Luiz Gustavo zum FC Bayern von Hopp, dem damaligen Manager Ernst Tanner und Hopps Einflüsterern hintergangen sah, geht es bergab. Marco Kurz ist seitdem der fünfte Trainer, Andreas Müller der dritte Manager. Sie müssen nun die Scherben zusammenkehren, die andere verursacht haben.

In dieser Saison nun geht alles schief, was schiefgehen kann. Völlig ohne Not ruft der damalige Trainer und Manager Markus Babbel vor Saisonbeginn die Europapokalteilnahme als Saisonziel aus, dabei gibt die sportliche Substanz des Kaders nach den sukzessiven Weggängen von Gustavo, Eduardo, Ba, Obasi, Ibisevic, Sigurdsson oder Babel das längst nicht mehr her.

Der Kardinalfehler ist die Verpflichtung des Torwarts Tim Wiese aus Bremen, durch den Publikumsliebling Tom Starke vergrault wird. Der Transfer wirft zudem das Scheinwerferlicht auf den Einfluss des Spielerberaters Roger Wittmann, der mehrere Hoffenheimer Spieler betreut, auch Wiese. Zur Verteidigung seines „guten Freundes“ Wittmann veranstaltet Hopp sogar einen Abend für Fans – was nur eines verdeutlicht, der Einfluss ist tatsächlich da. Hopp erklärt, dass Wittmann ja nicht nur für die Verpflichtung von Babbel den Tipp gegeben habe, sondern auch den für die von Rangnick.

Der Abwärtstrend ist nicht zu bremsen, Babbel wird entlassen, der Flop Wiese zur Nummer drei degradiert. Sechs Zugänge wurden im Winter für rund zwölf Millionen Euro verpflichtet, besser geworden ist nichts. Seit dem unfassbar schlechten Auftritt beim 0:1 gegen den VfB Stuttgart vergangenen Sonntag hat in Hoffenheim das ganz große Zittern begonnen.

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