Fränzösische Rechte und die Homo-Ehe: Die Opposition driftet nach rechts

Die UMP von Expräsident Nicolas Sarkozy sympathisiert mit den Rechten. Der Glaubenskrieg gegen die Homo-Ehe könnte den Grundstein für eine Allianz legen.

Gegen die Homo-Ehe! Dieser Slogan könnte den Grundstein zu einer bedrohlichen Koalition legen. Bild: dpa

PARIS taz | Viel zahlreicher als bei den früheren Kundgebungen gegen eine Gesetzesvorlage zur Gleichstellung der Homosexuellen bei der Ehe und Adoption haben am Sonntag in Paris Mitglieder und prominente Exponenten der bürgerlichen Oppositionspartei UMP an der Seite der besonders engagierten katholischen Fundamentalisten und der extremen Rechten mitdemonstriert. Der Glaubenskrieg gegen die Homo-Ehe vereint auf der Straße verschiedene Familien der französischen Rechten, die sich bisher gemieden haben.

Kein anderes Thema aber erlaubt es heute, mehrere hunderttausend Demonstranten gegen Präsident François Hollande und seine Linksregierung zu mobilisieren. Mit Slogans wie „Hollande Démission!“ auf Spruchbändern und in Sprechchören machten einige Demonstranten deutlich, worum es ihnen geht. Sie haben die Wahlniederlage im letzten Jahr nicht verdaut und hoffen auf eine baldige Rückkehr der Rechten an die Macht.

Zunächst hatte die Frage der Homo-Ehe auch in Frankreich nur kleine, sehr konservative und vorwiegend fundamentalistische religiöse Zirkel schockiert. Sprecher dieser Homogegner war vor allem die Organisation „Civitas“, die dem dissidenten Bischof Lefebvre und der Pius-Bruderschaft nahesteht. Doch dann fand die sich rasch auf andere Schichten des bürgerlichen Lagers ausdehnende Ablehnungsfront mit der kuriosen Persönlichkeit ihrer telegenen Sprecherin „Frigide Barjot“ eine Integrationsfigur und Ikone.

Offiziell verwahrt Barjot sich gegen jegliche Instrumentalisierung der Bewegung durch politische Parteien. An der Kundgebung in Paris werde es „keine Slogans gegen die Regierung geben“, verkündete sie noch vor dem Beginn der Demonstration. Diese endete aber mit Krawall, weil einige Demonstranten die Polizeisperren durchbrechen wollten und dafür prompt mit Tränengas besprüht wurden. Dafür verlangen Barjots Partner von der UMP nun empört Rechenschaft vom Innenminister Manuel Valls.

Man konnte es zuerst als reinen Opportunismus abtun, dass die UMP von Expräsident Nicolas Sarkozy mit ihrem auch intern sehr umstrittenen Vorsitzenden Jean-François Copé auf diesen Zug aufgesprungen ist. Eigentlich ist es doch erstaunlich, dass diese mit christlichen Wertvorstellungen kaum kaschierte Homophobie zum Leitmotiv der ehemaligen bürgerlichen Regierungspartei werden konnte. Auch bei der UMP weiß man selbstverständlich, dass diese Frage der Gleichstellung vor dem Standesbeamten in anderen Ländern von Schwesterparteien ohne Scheu oder politische Skrupel behandelt und im Gesetz verankert werden soll.

Hinter der punktuellen politischen Aktionseinheit verbirgt sich indes eine ideologische Annäherung an der Basis, welche das Abdriften der weitgehend desorientierten UMP nach rechts erklärt.

Eine Studie im Auftrag von Le Monde im Januar 2013 hat in augenfälliger Weise belegt, wie sehr sich die Wählerbasis der UMP und der extremen Rechten in ihren Ängsten angenähert haben. 99 Prozent der FN und 83 Prozent der UMP-Sympathisanten finden, es gebe zu viele Ausländer in Frankreich. Die Muslime wollten Frankreich ihre Verhaltensweisen aufzwingen, meinen 99 Prozent beim FN und 89 Prozent bei der UMP. Fast ebenso hoch ist der Anteil jener, die denken, der Islam sei eine intolerante Religion.

Bei so viel Affinitäten dürfte eine Allianz bei Wahlen nur eine Frage der Zeit sein. Noch aber gilt eine solche Heirat zwischen diesen ungleichen Partnern als Tabu.

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