Aktionärstreffen von Eon: Kübelweise Kritik

Auf der Hauptversammlung muss sich Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen massiver Kritik stellen. Umweltschützer werfen dem Konzern „Unmoral“ vor.

Für die mitunter betagten Aktionäre gab es Würstchen und Brötchen. Bild: dpa

ESSEN taz | Am frühen Nachmittag kann der Vorstandsvorsitzende des Eon-Konzerns, Johannes Teyssen, kaum verbergen, wie genervt er ist. Schon vor Beginn der Hauptversammlung hatten Menschenrechtler, Umweltschützer und Atomkraftgegner die Aktionäre seines Stromversorgers per Flugblatt mit massiver Kritik am Konzernkurs konfrontiert. Und seit mehr als einer halben Stunde muss Teyssen die Vorwürfe der Aktivisten in der Essener Grugahalle entgegennehmen.

Zwar rede der Vorstandsvorsitzende in Deutschland viel über Klimaschutz und Energiewende, lautet die Kritik im Kern, in außereuropäischen Märkten wie Südamerika oder der Türkei setze der Düsseldorfer Konzern aber seit Jahrzehnten auf sein altbewährtes Geschäftsmodell: „Das sind Großkraftwerke, in denen ohne Rücksicht auf die Umwelt vor allem klimaschädliche Kohle verheizt wird“, sagt Heffa Schücking, Geschäftsführerin der Umweltorganisation urgewald.

„Unmoralisch“ sei das Geschäftsmodell von Eon, findet der Atomkraftgegner Matthias Eickhoff von der Initiative Münsterland gegen Atomanlagen. Dort, in Gronau nahe der niederländischen Grenze, betreibt die Eon-Beteiligung Urenco Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage (UAA). Und die soll auch nach dem Atomausstiegsbeschluss der schwarz-gelben Bundesregierung zeitlich unbegrenzt immer neuen Atommüll produzieren.

Brötchen und Würstchen

„In Gronau dürfen 60.000 Tonnen Uranoxid gelagert werden, ungeschützt gegen Flugzeugabstürze“, mahnt Eickhoff vor den knapp 4.000 Aktionären. Viele davon sind Rentner, die von „ihrem“ Konzern mit Brötchen und Würstchen abgefüttert werden. „Wer übernimmt die Verantwortung für den Atommüll“, fragt der Anti-Atom-Aktivist. Ermöglicht hat das der Dachverband der kritischen Aktionäre – eine Übertragung des Stimm- und Rederechts macht die Auftritte der Umweltschützer möglich.

Doch Konzernchef Teyssen will von der Kritik nichts hören. Die UAA-Betreibergesellschaft Urenco sei doch nur eine Minderheitsbeteiligung, argumentiert der Vorstandschef. Zusammen mit dem RWE-Konzern hält Eon 33 Prozent. Das in Gronau lagernde Uranoxid sei kein Atommüll, sondern „Wertstoff“.

Immerhin: Loswerden will Eon die Urenco trotzdem. Angestrebt werde ein „offener Bieterprozess“. Dabei hat die Anlage auch eine militärische Komponente: „Die Urananreicherung ist der einfachste Weg zur Atombombe“, hatte der Chef der Entsorgungskommission des Bundes, Michael Sailer, noch Anfang April gegenüber der taz bestätigt. Wer aber als möglicher Urenco-Käufer nicht in Frage kommt, kümmert den Eon-Chef wenig, schließlich habe die Bundesregierung ein Veto-Recht, um unzuverlässige Interessenten auszuschließen.

Den als „Wertstoff“ deklarierten Atommüll will Teyssen dagegen offenbar möglichst kostengünstig loswerden, einer gegenüber der nordrhein-westfälischen Landesregierung abgegebenen „Patronatserklärung“ zum Trotz.

Morde an zwei Gewerkschaftern

Keine Stellung nehmen wollte Teyssen zu Vorwürfen, der Kohlezulieferer Drummond sei in Kolumbien für die Morde an zwei Gewerkschaftern verantwortlich. Beschreibungen, nach denen Eons Kohlelieferanten in den US-amerikanischen Appalachen mit sogenanntem „Mountain Top Removal“ ganze Regionen verwüsten, konterte der Eon-Chef mit der Bemerkung, der Bundesstaat West Virginia verfüge sicherlich „über ein eigenes Parlament“. Er halte „Deutschland nicht für das Land, der Welt zu sagen hat, wie die Energiepolitik funktioniert“, so Teyssen. Umweltschützer konterten, die von Eon vorangetriebene Kampagne „Better Coal“ sei offensichtlich „reines Greenwashing“.

Zufriedenstellen konnten Teyssens Antworten damit auch institutionelle Anleger nicht. Schließlich dümpelte der Aktienkurs am Freitag bei 13 Euro und 86 Cent. Zu Spitzenzeiten war die Aktie einmal über 50 Euro wert.

Kritisch betrachtet wurde besonders der Expansionskurs nach Südamerika, wo der Konzern mittlerweile über 1,1 Milliarden Euro in ein Joint Venture mit dem Versorger MPX des deutschstämmigen Milliardärs Eike Batista investiert hat. Der Bau eines ersten Kraftwerks aber scheiterte an mangelnder Umweltverträglichkeit. „Eon verdient Geld in Deutschland“, bilanzierte Ingo Speich von Union Investment, „und verbrennt es im Ausland.“

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