Finale der U21-Europameisterschaft: Die Mission der „Rojita“

Die Spanier sind mit ihrem Tiki-Taka noch lange nicht am Ende. Auch das Juniorenteam verteidigt gegen Italien seinen Titel – mit zauberhaftem Fußball.

Wie die Großen: Italiens Spieler diskutieren mit dem Schiedsrichter. Bild: ap

JERUSALEM dpa | Da saßen sie nun, die spanischen Helden, ausgelaugt, aber zufrieden, frisch geduscht, die Haare sorgfältig in Form gebracht: Thiago Alcantara, Isco und Alvaro Morata. Drei Europameister und dazu die drei besten Schützen des Turniers.

Es gab den goldenen und den silbernen und den bronzenen Ball von einem Sponsor; was für ein Triumph: Nach dem Titel auch also auch noch drei Einzelauszeichnungen vom Wert einer Goldenen Ananas. Drei Mal hatte Isco in den fünf Spielen getroffen; Morata, der Mittelstürmer, und Thiago, der Mittelfeldstratege, brachten es gar auf vier Treffer, und jetzt, in diesem Augenblick, da wollte er gar nicht drüber reden, dass er in der Heimat unzufrieden ist, dass es ihn wegzieht vom FC Barcelona: Hier, an der Stätte des Triumphs im Teddy-Kollek-Stadion von Jerusalem, ging es für Thiago um mehr. Es ging ums Team, um das Zurückstellen von Eitelkeiten.

Sicher, er hätte beim 4:2 gegen die Italiener vier statt nur drei Tore erzielen können, er wäre zum besten Schützen des Turniers geworden, wenn er den letzte Elfmeter selber getreten hätte – und nicht Isco, dem Regisseur, dem vielleicht besten Spieler dieser Europameisterschaft, den Ball überlassen hätte. „Ist doch egal“, sagte Thiago, „bei uns kann doch jeder einen Elfmeter schießen“.

Ein Elfmeter, durch den ein Spieler alleiniger Torschützenkönig des Turniers werden kann: Er ist also Kleingeld in dieser Truppe, die das Turnier nach Belieben dominierte – und sich den Titel mit einer Gala gegen engagierte und disziplinierte, aber letztlich chancenlose Italiener geradezu erzauberte. Manche Anhänger erinnerte der Auftakt geradezu schmerzlich an das letzte Jahr, als die Squadra im großen EM-Finale von Kiew den Spaniern 0:4 unterlag. Das Tor, das Silva damals zum Auftakt der Demontage erzielte, schien die Blaupause für Thiagos erstes Tor gewesen zu sein, dass die vorbildhafte erste Hälfte der Spanier einläutete, deren Schlüsselfigur Thiago hieß.

Da lacht der KP-Apparatschik

Doch was ist das Geheimnis dieser Truppe? Laut Coach Julen Lopetegui ist alles ganz einfach: „Die Spieler glauben an die Mannschaft. Wenn sie nicht an die Mannschaft glauben, dann wird es schwer für mich. Sie arbeiten hart, und sie glauben an uns als Gruppe.“ Und was sagen Thiago, Morata und Isco? Die Jungmillionäre stimmten alle ein Hohelied aufs Kollektiv, das jedem KP-Apparatschik Freudentränen in die Augen getrieben hätte.

Exzentriker sucht man unter ihnen vergeblich. Auch Eitelkeiten scheint es tatsächlich kaum zu geben, der Diventerror anderer Teams, den gibt es hier offenbar nicht. Dabei, sagt Lopetegui, habe „jeder Spieler seine Persönlichkeit“, doch man müsse sie zusammenführen. Und mit ihnen am gemeinsamen Ziel arbeiten. Und das stand von Anfang an fest: „Sie sind sehr motiviert, sehr fokussiert auf den Titel.“

Selbst der Gegner spendete Beifall. Italiens Coach Devis Mangia sagte geradezu schwärmerisch: „Überall wo ich hingeschaut habe, habe ich nur fantastische Fußballer gesehen. Ich muss dem spanischen Verband ein Kompliment machen.“ Die Ergebnisse ihrer Arbeit, die sehe man jetzt – und mittlerweile sind spanische Juniorentitel ja fast schon Routine: Die U 21 verteidigte den Titel, die U 19 ist aktueller Europameister, und das A-Team ist Welt-und Europameister.

Triumphgeheul ist der Rojita fremd

Spaniens juvenile Champions wirken dabei wie ein Abbild des ersten Teams unter Vicente Del Bosque. Nicht nur spielerisch ähneln sie den Xavi, Iniesta und Busquets, auch die Haltung ist ähnlich: Wenn Joachim Löw seine Nationalspieler mal wieder zur Demut auffordert, und mancher den Begriff etwas abstrakt findet, dann könnten die Spanier Anschauungsunterricht liefern.

Bei aller Freude – Triumphgeheul war ihnen allen fremd, und als Trainer Lopetegui gefragt wurde, welches Team das stärkere sei, die Champions von 2011 oder die Sieger von Jerusalem, da sagte er, natürlich: „Das sind doch zwei unterschiedliche Turniere und zwei unterschiedliche Mannschaften.“

So viel Bescheidenheit wirkt fast schon verdächtig. Doch dann wurde Thiago erstaunlich konkret. Natürlich ließ er die Mannschaft noch einmal hochleben, aber dann sagte er: „Wir haben eine Mission: Wir spielen Tiki-Taka und wollen es der Welt zeigen.“ In Israel waren sie angetreten, um zu beweisen, dass Tiki-Taka trotz aller Abgesänge noch immer der kultivierteste, ausgereifteste und, ja: der schönste Fußball ist. Die Mission ist erfüllt. Bis zum nächsten Mal.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.