Gerichtszeichnerin über Pussy Riot: Kunst verändert das Bewusstsein

Ihre Illustrationen im Prozess gegen Pussy Riot machten Viktoria Lomasko weltberühmt. Trotzdem äußert sie auch Kritik an den jungen Aktivistinnen.

Maria Aljochina (hinter Gittern): „Über was für einen Politiker soll ich mich extrem negativ geäußert haben?“ - Zeugin Winogradowa: „Über Wladimir Putin.“ Bild: Viktoria Lomasko

sonntaz: Frau Lomasko, während des Prozesses gegen die russische Punkrockband Pussy Riot gingen Ihre Gerichtszeichnungen um die ganze Welt. Wie haben Sie die Gruppe anfangs wahrgenommen?

Viktoria Lomasko: Als ich zum ersten Mal ihr Video sah, habe ich gedacht: „Guck mal an, gar nicht so übel!“ So haben sehr viele in meinem Bekanntenkreis reagiert. Wir waren uns aber nicht sicher, ob man das nun als Kunst bezeichnen kann oder ob es sich nur um eine politische Aktion handelt. Zudem kritisierte die Moskauer Feministische Gruppe, dass es in dem beanstandeten Song ziemlich abstrakt um irgendwelche Popen und um Putin geht. Wir fanden aber, dass wir realen Frauen helfen und an deren Alltagsprobleme anknüpfen müssen.

Haben Sie Ihre Meinung während des Prozesses geändert?

Leben: Viktoria Lomasko, geboren 1978, ist Zeichnerin und nennt sich "Sogljadataj" - das heißt so viel wie Späherin, Kundschafterin

Werk: "Verbotene Kunst" (Matthes & Seitz Verlag, Berlin) dokumentiert den Prozess gegen die Organisatoren der gleichnamigen Ausstellung, Andrej Jerofejew und Juri Samodurow

Ja. Als ich Pussy Riot dort das erste Mal erlebte, war eine gewaltige Menge von Journalisten anwesend. Die Mädchen wurden einzeln in einen Käfig geführt, wie wilde Tiere. Und trotzdem schwebte zwischen ihnen eine Taffheit und Kühnheit, die keiner Diskussion bedurfte. In dem Prozess gegen „Verbotene Kunst“ sah ich dagegen in den Augen des Angeklagten Andrej Jerofejew manchmal ein wenig Angst aufblitzen. Obgleich jener Prozess damals nicht so hoch politisch war und die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass man ihn wirklich hinter Gitter setzen würde.

Im Februar 2012 gelangten Pussy Riot mit einer Aktion in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau zu weltweiter Bekanntheit: Mit einem „Punk-Gebet“ gegen die Allianz von Kirche und Staat, der Auftritt dauerte 41 Sekunden. War das nun Kunst?

Heute meine ich: ja. Denn Kunst liefert dir ein Bild, das für immer Bestand hat, das sich sehr schnell verbreitet – und dann auch nicht mehr aus deinem Kopf verschwindet.

Macht es eigentlich einen Unterschied, ob Männer oder Frauen vor Gericht stehen?

Ab wann ist man reich? Die Grünen probieren etwas Neues. Sie wollen ihre wohlhabenden Wähler mit höheren Steuern belasten. Aber was sagen die dazu? Wo beginnt überhaupt die Oberschicht? Die Titelgeschichte "Ich will dein Geld!" lesen Sie in der taz.am wochenende vom 10./11. August 2013. Darin außerdem: "Wollen wir das wirklich?" Yvonne Hofstetter entwirft Algorithmen. Für private Konzerne oder Rüstungsfirmen. Ein Gespräch über die wachsende Macht der Maschinen. Und: Die Grünen fordern weniger Kantinenschnitzel. Der sonntaz-Streit zur Frage: Ist ein Veggie Day geboten? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Ja. Bei Pussy Riot wurde schnell klar, dass man diese jungen Frauen einfach als kleine Dummerchen hinstellen wollte, die dort bloß irgendwie irre herumgehopst waren. Und sie sollten dann einstimmen: Ach wirklich, wir waren ja solche Dummerchen! Verzeiht uns bitte! – aber nichts dergleichen passierte.

Zum Pussy-Riot-Prozess gingen Sie ganz allein. Vor dem Gerichtsgebäude, in den Gängen drängten sich fanatische Gläubige. Hatten Sie Angst?

Ein paarmal haben mir diese Leute das Album aus den Händen gerissen. Oder gedroht, mir außerhalb des Gerichtsgebäudes aufzulauern. Das hat mich ganz schön viele Nerven gekostet.

Im Gericht darf man nicht fotografieren. Was aber politische Aktionen auf der Straße angeht, hätten Sie da nicht einfach nach Fotos arbeiten können?

Es ist für mich Ehrensache, selbst Teil des Bildes zu sein, das ich zeichne – auch wenn ich darauf unsichtbar bleibe. Auf diese Weise transportiert die Zeichnung das Tempo der Geschehnisse.

Sie zeichnen, wo Sie gehen und stehen. Wann haben Sie damit angefangen?

Ich wuchs in der Provinzstadt Serpuchow auf. Meine Mutter arbeitete in einer Druckerei, mein Vater hatte ein Fernstudium als Künstler absolviert. Seinen Lebensunterhalt konnte er damit allerdings nicht verdienen, deshalb malte er nur in seiner Freizeit – meistens Stadtlandschaften. Er war sich sicher: Egal, ob wir einen Jungen oder ein Mädchen bekommen, es wird auf jeden Fall Künstler. In meiner Kindheit habe ich mehr gezeichnet als gespielt und wollte tatsächlich immer Künstlerin werden. Manche Mütter von Freundinnen wollten ihre Töchter von mir fernhalten. Sie meinten, dass solche Flausen ansteckend sind. Und dass „so eine“ keinen Mann abbekommt. Sie hatten recht – ich bin zumindest noch unverheiratet. Alte Freundinnen aus Serpuchow bedauern mich deshalb wegen meines „bitteren Schicksals“.

Bei solchen Eltern brauchten Sie doch eigentlich gar nicht zu studieren.

Doch, doch. 2003 habe ich ein Studium als Grafikerin, Illustratorin und Designerin an der Moskauer Akademie für Druckereigewerbe abgeschlossen. Gleich danach bekam ich eine feste Stelle bei der politischen Zeitschrift Der Experte. Aber die Artikel, die ich illustrieren sollte, waren einfach langweilig, alles andere als radikal. Dabei wollte ich doch Künstlerin werden, und zwar eine moderne! Also studierte ich ein Jahr an der Moskauer Schule für moderne Kunst „Freie Werkstätten“. Heute bin ich sehr froh über diese Etappe. Denn dort begriff ich endlich, was ich auf keinen Fall tun will.

Was war denn dort so schrecklich?

Dort lehrte man vor allem konzeptuelle Kunst. Die fand in Galerien statt, war meistens nicht ohne Begleittext verständlich und häufig auch nicht mit. Meiner Ansicht nach verachteten diese Künstler die meisten ihrer Betrachter, denn sie gingen ja nur von ganz besonders Gebildeten aus, am liebsten von Kunstwissenschaftlern.

Und Sie wollten leicht verständlich sein?

Ja. Irgendwie stellte mich diese – in Anführungsstrichen – zeitgenössische Kunst nicht zufrieden, weil sie in keiner Weise unsere Zeit widerspiegelt. Ich fand in dieser Kunst fast nichts, was mit dem Leben unserer durchschnittlichen Bürger zu tun hatte. Entweder waren das halb abstrakte Werke oder gewollt kitschige Verfremdungen irgendwelcher Politikerporträts, zum Beispiel von Putin. Mich überkam ein unüberwindlicher Drang, auf der Straße zu zeichnen.

Also malten Sie auf eine Leinwand in der Fußgängerzone?

Nein, in ein kleines Album: Passanten, Leute in Schlangen und in Bussen. Und gleichzeitig schrieb ich Gesprächsfetzen von ihnen auf. Das machte mir anfangs allerdings Angst.

Wovor denn?

Ich habe damit die Grenzen zwischen verschiedenen Teilen der Gesellschaft überschritten. Bei uns lebt jeder in seinem Tunnel. Büroangestellte bleiben unter sich, Leute mit bescheidenem Einkommen in kleinen Provinzstädten führen ein völlig anderes Leben als die in den Dörfern. Die Verbindungsglieder zwischen den einzelnen Welten sind zerrissen. Ich habe eine Comic-Reportage von einem Dorf gemacht, das nur fünf Stunden von Moskau entfernt liegt. Es ist eine Welt für sich. Sie besteht im Wesentlichen aus einer Sowchose, und die funktioniert noch ganz wie zu Sowjetzeiten. Da gibt es eine Ehrentafel mit den Helden der Arbeit. Über dem Schreibtisch des Vorsitzenden hängt ein Lenin-Porträt. Diese Dörfer sind lauter Inseln. In dem einen vegetieren alle in finanzieller Abhängigkeit von einem Krösus. Und ein paar Kilometer weiter gibt es gar keine russischen Einwohner mehr. Stattdessen bauen dort jetzt Kirgisen und Kasachen Kartoffeln an und handeln damit.

Das klingt ja wie im Mittelalter.

Einmal habe ich eine Reportage über eine Dorfschule gezeichnet. In der ersten Klasse waren nur zwei Jungen. Die Lehrerin fragte einen von ihnen: „Moskau, ist das ein Vorname oder eine Bezeichnung für etwas?“ Und er triumphierend: „Das ist eine Straße!“ Als ich sie hinterher verwundert ansah, meinte die Lehrerin: „Na und? Ihr kennt uns nicht. Warum sollten wir dann unbedingt euch kennen?“ Den Menschen in der Provinz hört selten jemand zu. Denn die großen Ereignisse in ihrem Leben sind für die Großstädter Lappalien: Das Flüsschen ist über die Ufer getreten, die Rente kam verspätet an. Ich höre ihnen zu, so lange wie nötig. Und wenn nötig, komme ich auch noch mal wieder.

Sie beweisen viel Solidarität mit den kleinen Leuten. Sind Sie Sozialistin?

Früher sagte ich immer, ich hätte linke oder gar kommunistische Ansichten. Aber nachdem ich 2012 bei den großen Protesten für ehrliche Wahlen und gegen das Putin-System die Aktivistinnen und Aktivisten der entsprechenden Parteien aus der Nähe betrachtet hatte, wollte ich mich nicht mehr so nennen. Ich beschloss, nur noch Humanistin zu sein und mich auf mein Gerechtigkeitsgefühl zu verlassen. Der Feminismus interessiert mich heute mehr als Kommunismus oder Sozialismus. Als Feministin kann ich mir Ziele setzen, die erreichbar sind, wenn ich bloß an mir selbst arbeite. Ich habe auch viele Frauen in der Provinz gezeichnet.

Haben Sie diese vielen Reisen ganz allein unternommen?

Kaum jemand war bereit, mit mir weiß der Teufel wohin zu fahren, und dazu noch ohne Honorar. Dann habe ich Anton Nikolajew getroffen, meinen späteren Koautor beim Buch „Verbotene Kunst“. Der reiste damals mit einem Freund durch die Provinz und drehte Videofilme über das Leben der Leute dort. Zusammen mit den beiden Jungs war es viel leichter, Orte aufzusuchen, an die ich mich allein nicht getraut hätte – aus Furcht, man könnte mich belästigen oder dort festhalten. Nikolajew und ich haben dann zusammen gelebt, etwa fünf Jahre lang.

Hat Sie diese Erfahrung dem Feminismus nähergebracht?

Nachdem ich Nikolajew gesagt hatte, dass ich mich von ihm trennen möchte, erklärte er, ich hätte ihm Autorenrechte für unser Buch „Verbotene Kunst“ geklaut. Er meinte die Rechte für meine Zeichnungen. Natürlich war das Nonsens. Bis dahin hatte ich immer gedacht, wir seien gleichermaßen an dem Buch beteiligt gewesen: er als politischer Journalist und ich als Grafikerin. Nun stellte sich heraus, dass er mich lediglich als seine Ausführende betrachtet hatte, die jederzeit ersetzbar war. Und er benutzte seine Verbindungen in der Kunstszene, um mir den Zugang zu Ausstellungen und Gebäuden zu verwehren.

Die bekannte Moskauer Graffiti-Künstlerin Mikaela hat neulich auf einer Tagung gesagt, in der neuen russischen Demokratiebewegung wären die Frauen nur Hilfskräfte für männliche Politstars.

Anfangs war es für mich sehr schwer, meine Empfindungen für diese politisch-private Partnerschaft in Worte zu fassen, obwohl ich merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich arbeite hart. Und nun wollte Nikolajew mir auch noch verbieten, Projekte allein unter meinem Namen durchzuführen. Wie kann ich ein besseres Leben für andere Menschen fordern, wenn ich doch selbst unfrei bin? Wie kann ich zum Beispiel mit ihm zu einer Kundgebung am Internationalen Frauentag gehen und ein Transparent für die Rechte der Frauen entfalten, wenn ich zu Hause selbst ständig eingeschüchtert und kleingemacht werde? Ich galt lange Zeit bloß als „die kleine Freundin von Nikolajew“. Auch für sogenannte „linke Kuratoren“. Und auch dann noch, als ich regelmäßig und häufig schon ohne ihn zum Prozess „Verbotene Kunst“ ging. Das war ja auch nicht ungefährlich.

Gehören Sie einer feministischen Organisation an?

Ja, ich gehöre zur Moskauer Feministischen Gruppe. Und zusammen mit der Kunstwissenschaftlerin Nadja Plungjan organisieren wir jetzt schon die zweite Ausstellung mit grafischen Sozialstudien von Frauen unter dem Namen „Der feministische Bleistift“. Für mich ist das völlig neu: die nötigen Mittel auftreiben, das Kontaktnetz aufbauen. Bei uns beteiligen sich viele Künstlerinnen aus der Provinz.

Sie haben mir so eine schöne Ausgabe der anarchistischen Zeitschrift Volja (deutsch: Freiheit) zum Internationalen Frauentag am 8. März geschenkt. Einige Karikaturen darin zeigen, dass sich russische Frauen auch heute noch ständig zwischen paradoxen Anforderungen bewegen …

… und in der Kunstszene erst recht. Es gibt da kaum eine Frau, auf der man nicht herumhackt. Wenn es zum Beispiel eine Künstlerin geschafft hat, Kinder in die Welt zu setzen und gleichzeitig weiter Kunst zu machen, dann wird diese Leistung nicht etwa anerkannt, sondern es heißt: „Na ja, jetzt haben ihre Werke schon nicht mehr das alte Niveau. Sie arbeitet wohl nur noch, um die Kinder durchzubringen.“ Wenn aber eine Frau keine Kinder haben möchte, um sich nicht von der Kunst abzulenken, dann ist das erst recht ganz, ganz schlimm.

Eine der größten Herausforderungen für die russische Gesellschaft scheint ja überhaupt eine Frau zu sein, die ganz vergnügt kinderlos und allein lebt.

Neulich habe ich beobachtet, wie aus dem Nachbarhaus eine strahlende, offenbar erfolgreiche junge Frau herauskam, gepflegt, gut gekleidet, mit einem Hündchen. Und im Vorgarten saßen lauter Babuschki auf den Bänken und riefen ihr zu: „Höchste Zeit, einen Kinderwagen zu schieben, anstatt mit einem Hündchen herumzuspazieren!“ Eine allein lebende Frau trägt bei uns eine Art Stigma.

Wie gehen Sie damit um?

Ich habe begriffen, dass ich endlich einmal etwas für mein eigenes Wohl tun muss. Während des Studiums habe ich mit vier Mädchen ein Wohnheimzimmer geteilt. Es war so klein, dass wir uns nur schlafend gleichzeitig darin aufhalten konnten. Jetzt mache ich Yoga und koche gesund. Davor habe ich mich jahrelang von Nudeln ernährt.

Dafür machen Sie aber einen sehr gesunden Eindruck. Was haben Sie denn in nächster Zeit beruflich geplant?

Ich habe jetzt drei große Projekte: meine Gerichtsreportagen, eine Chronik des Widerstands gegen die russische Regierung und den Zeichenunterricht, den ich in der Strafkolonie für jugendliche Täter erteile.

Zeichenunterricht in einer Strafkolonie?

Ich musste lange nach einem Lager suchen, in dem das überhaupt möglich war. Manchmal bin ich um fünf Uhr morgens aufgestanden, um dann sechs Stunden mit dem Zug zu fahren. Dann ging es eine Stunde mit dem Taxi weiter. Und in der Anstalt dauerte die Leibesvisitation noch eine volle Stunde. Wenn die Verantwortlichen schließlich eingewilligt hatten, dass ich unterrichten darf, hieß es nach zehn Minuten: „Schluss, wir haben unsere Pläne geändert!“

Aber jetzt haben Sie eine Anstalt gefunden, die mit Ihnen kooperiert?

Ja. Eigentlich war ich dorthin gefahren, um auch selbst zu zeichnen. Dann stellte sich heraus, dass mir nur sehr wenig Zeit für meinen Unterricht zur Verfügung stand. Wenn ich auch noch selbst gezeichnet hätte, wäre bei der Beschäftigung mit den Jungs überhaupt nichts herausgekommen. Mein Unterricht dort findet selten statt. Aber ich bemühe mich darum, dass sich bei den Jungs mit jeder Lektion etwas in ihrer Wahrnehmung verändert.

Inwiefern?

Zum Beispiel wenn ich ihnen Papierbögen austeile, auf die sie einen Menschen zeichnen sollen. Sie fangen meistens mit den Augen an, dann kommt der Kopf, dann der Körper. Und ich sage ihnen: Fangt nicht gleich mit dem Gesicht an! Der ganze Mensch muss auf dieses Papier passen. Also überlegt euch bitte zuerst, wie viel Platz sein Rumpf, seine Beine, seine Arme brauchen. Es ist bei jedem Menschen verschieden, wie viel und auf welche Weise er Raum einnimmt. Die Jungs kapieren das schnell. Mittlerweile sehen sie die Leute anders. Kunst kann das Bewusstsein sehr schnell verändern.

Haben Sie keine Angst, eines Tages verhaftet zu werden?

Doch. Ich glaube aber, dass es im Leben keine Zufälle gibt. Alles, was mit dir passiert, hat seinen Sinn. Deshalb brauchst du dich nicht wegen irgendwelcher Einzelheiten verrückt zu machen.

An was glauben Sie noch?

Ich glaube, dass die Welt irgendwie logisch und vernünftig funktioniert. Ich sehe da keinen linearen Fortschritt, aber dass die Geschichte doch irgendwie ihren Lauf nimmt.

Wie wichtig ist Ihre Rolle als Zeichnerin bei Gerichtsverhandlungen?

Erstens ist es für die Angeklagten wichtig, uns Journalisten dort zu sehen. Sie haben dann nicht das Gefühl, dass alles umsonst war, was sie gemacht haben. Ich zeichne ja auch Gerichtsreportagen über ganz unbekannte Menschen, die zufällig Opfer der Justiz geworden sind. Aber da ist noch ein zweiter, viel bedeutenderer Aspekt: Ich möchte den historischen Moment festhalten. Ich denke, dass sich der Raum für die Bürgerinnen und Bürger Russlands jetzt verengt hat, dass er sich aber auch wieder erweitert. Es wird einmal eine Generation geben, in deren Leben alles in Ordnung ist. Diese Generation soll sehen, wie es bei uns zuging.

Barbara Kerneck, 66, betrieb in Moskau zwölf Jahre lang ein Pressebüro mit Hilfskräften und lebte allein – von Nachbarn heftig bemitleidet.

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