Band Feine Sahne Fischfilet: Handhabe gegen links

In Riesa darf die antifaschistische Band Feine Sahne Fischfilet aus Sicherheitsgründen nicht auftreten. Rechte Bands dürfen dagegen schon.

Nicht willkommen in Riesa: Feine Sahne Fischfilet. Bild: Ole Olé

Die Stadt Riesa hat diese Woche gezeigt, dass sie vor den Nazis kuscht. Sie untersagte es der antifaschistischen Band Feine Sahne Fischfilet (FSF), auf dem Risaer Stadtfest aufzutreten. „Zum Glück solidarisieren sich viele mit uns“, kommentiert FSF-Sänger Monchi. „Auch Leute, die nicht alles toll finden, was wir machen, merken, dass das total krass ist, was da abgeht.“

Krass ist die Causa Feine Sahne Fischfilet mittlerweile in der Tat. Wie am Mittwoch bekannt wurde, ist die Rostocker Band wie im vergangenen Jahr auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern gelistet.

Trotz lauter Kritik an der Absage des Konzertes bleibt Bürgermeisterin Gerti Töpfer (CDU) bei ihrer Entscheidung. Ihre Begründung der Absage lautet weiter: „Die Entscheidung zu ’Feine Sahne Fischfilet‘ ist so gefallen, weil eine mögliche politische Auseinandersetzung zu unserem Stadtfest nicht auszuschließen ist.

Ab wann ist man reich? Die Grünen probieren etwas Neues. Sie wollen ihre wohlhabenden Wähler mit höheren Steuern belasten. Aber was sagen die dazu? Wo beginnt überhaupt die Oberschicht? Die Titelgeschichte „Ich will dein Geld!“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 10./11. August 2013. Darin außerdem: „Wollen wir das wirklich?“ Yvonne Hofstetter entwirft Algorithmen. Für private Konzerne oder Rüstungsfirmen. Ein Gespräch über die wachsende Macht der Maschinen. Und: Die Grünen fordern weniger Kantinenschnitzel. Der sonntaz-Streit zur Frage: Ist ein Veggie Day geboten? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Die Stadt Riesa ist nicht gewillt, der NPD eine Präsentationsfläche für ihre menschenverachtende Ideologie und ihre dumpfen Parolen zu bieten. Nach verschiedenen Ankündigungen von Herrn Gansel [NPD-Stadtrat; d. Red.] war zu befürchten, dass durch den Bandauftritt Leute mit Gewaltpotenzial angezogen werden.“

Auf die Kritik reagiert die Bürgermeisterin abwehrend: „Mich nervt, dass die Diskussion populistisch geführt wird und die Band und die Medien die Sache auf allgemein gehaltene Weise aus der Ferne beurteilen. Die wissen nichts über Riesa“, sagte Töpfer der taz. „Ich verwehre mich dagegen, dass wir als Nazihochburg dargestellt werden.“

Dazu sollte man wissen, dass bei den letzten Kommunalwahlen 2009 die NPD im Wahlkreis Riesa auf 5,9 Prozent kam und zwei NPDler im Stadtrat sitzen. Ein Naziproblem hat die Stadt also sehr wohl. Und immerhin war es die in Riesa sitzende NPD-Zeitung Deutsche Stimme, die den Aufritt von Feine Sahne Fischfilet als erste skandalisierte und die NPD, die Flugblätter gegen die Band verteilte.

„Riesa soll brennen“

Sorgen macht sich Töpfer aber über andere Dinge: „Dass nun Stadtrat Koß bedroht wird und sich fürchten muss, ist nicht in Ordnung.“ Grünen-Stadtrat Koß hatte die Absage unterstützt und dafür aus dem Netz heftige Angriffe erfahren. „Man sollte nur auch zu Kenntnis nehmen, dass da gewisse Leute nun aggressiv aufgespult sind und auf der Facebook-Seite der Band schreiben ’Riesa soll brennen‘. Was soll ich da denken?“, sagt Töpfer.

Die Absage rückgängig zu machen kommt für die Bürgermeisterin nicht in Frage. Auf Töpfers Angebot, zu einem späteren Zeitpunkt im städtischen Kulturzentrum zu spielen, haben FSF bereits verzichtet: „Das ist uns natürlich zu blöd, für Imagepolitik instrumentalisiert zu werden“, sagt Monchi.

Mit ihrer Andeutung, dass die Band ja auch „aggressive“ Facebook-Fans habe, klingt die Risaer Bürgermeisterin ein bisschen so, als würde sie die in der CDU populäre Vorstellung, dass links so schlimm wie rechts ist, durchaus teilen. Passend dazu schreibt das Amt für Verfassungsschutz des schwarz regierten Sachsen in einem der taz vorliegenden Brief an das Kulturwerk Riesa: „Linksextremistische Bands nutzen vor allem öffentliche Veranstaltungen, um sich zu präsentieren und ihre weltanschaulichen Positionen zu vermitteln.“

Gefährlicher Linksextremismus?

Nach der Absage erklärten FSF auf ihrer Homepage: „Wir empfinden es als wichtig, aus seinen Wohlfühlstädten und Kiezen rauszukommen und auch in provinzielleren Gegenden zu spielen, um dort etwas zu bewegen.“

Hört sich so etwa gefährlicher Linksextremismus an? Und ist es ein verfassungsfeindlicher Akt, dass die Band vor ihren Auftritten in ländlichen Gebieten häufiger Info- oder Podiumsveranstaltungen zur Aufklärung über Nazi-Strukturen organisiert?

Die Oppositionsparteien in Riesa seien zur Entscheidung der Konzertabsage nicht informiert worden, erklärt Uta Knebel, örtliche Linken-Vorsitzende: „Ich habe von der Entscheidung aus der Zeitung erfahren“, sagt sie. Sven Knebel, ihr Sohn, ist einer der Bewohner, die sich ein Antifa-Konzert in Riesa gewünscht hätten.

Die angeblichen Sicherheitsbedenken hält er für vorgeschobene Argumente: „Es wäre ein einfaches Spielchen gewesen, das Konzert zu sichern“, sagt er. Man hätte das Konzert nur in einen nahe gelegenen Hof verlegen müssen, der besser abzusichern gewesen wäre. „Davon weiß ich jetzt nichts“, sagt Bürgermeisterin Töpfer dazu.

Vorbild Pasewalk

Vor gut zehn Monaten allerdings trieb man in Riesa dann doch etwas mehr Aufwand, um ein Konzert zu sichern. Auf dem NPD-Verlagsgelände der Deutschen Stimme spielten rechte Bands wie Die Lunikoff Verschwörung, Sachsonia und die neue Band des ehemaligen Landser-Sängers Michael Regener.

Um Antifa-Aktionen zu verhindern, hatten Behörden das Konzert zunächst geheim halten wollen. „Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Wir haben gegen diese Privatveranstaltungen einer leider nicht verbotenen Partei keine Handhabe“, erklärt Töpfer dazu.

Dass das Verhalten von Lokalpolitikern allerdings entscheidend ist, um den Einfluss von Nazis einzudämmen, wurde erst kürzlich in einer Studie der FH Düsseldorf festgestellt.

Die Riesaer Bürgermeistern hätte sich also durchaus an anderen Vorbildern orientieren können: 2012 beispielsweise hatte Bürgermeister Rainer Dambach (SPD) im vorpommerischen Pasewalk Widerstand gezeigt und Menschenketten gegen ein dortiges Pressefest der Deutschen Stimme organisiert. In Pasewalk findet am heutigen Samstag der „Karneval der Demokratie“ statt.

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