Milliardendeal in der Pharmabranche: Krebsmedizin, ein heiliger Gral

Der US-Biotechkonzern Amgen übernimmt für mehr als 10 Milliarden Dollar den Krebsspezialisten Onyx. Arzneimittel zur Krebsbehandlung gelten als der Zukunftsmarkt.

Die Entwicklung von Krebstherapien ist ein Zukunftmarkt. Bild: reuters

NEW YORK rtr | Mit einer der größten Übernahmen in der Biotechnologie-Branche sichert sich Weltmarktführer Amgen eine starke Position auf dem Hoffnungsmarkt Krebsmedizin. Für 10,4 Milliarden Dollar schluckt das US-Unternehmen den kleineren Rivalen Onyx, der bereits seit Jahren mit Bayer kooperiert. Auch der Leverkusener Pharmakonzern war in der Vergangenheit als Interessent für Onyx gehandelt worden.

Nach zweimonatigem Buhlen und einem verbesserten Angebot gelingt der Amgen-Gruppe nun ihr bislang zweitgrößter Zukauf nach der 16 Milliarden Dollar teuren Übernahme von Immunex vor zwölf Jahren. In der Biotech-Industrie steht Onyx für die fünfgrößte Transaktion überhaupt.

Der Krebsmittel-Spezialist kommt nach Schätzung von Analysten im kommenden Jahr auf einen Umsatz von lediglich 878 Millionen Dollar. Doch Onyx arbeitet auf einem Gebiet, auf das sich die Hoffnungen der Pharmabranche konzentrieren und das daher starkes Wachstum verspricht. Für sie ist die Krebsmedizin eine Art Heiliger Gral, weil hier die Behandlungserfolge bisher begrenzt sind und die Unternehmen in der Zukunft für neue, biotechnologisch entwickelte Mittel hohe Preise verlangen können.

Amgen zahlt nach Firmenangaben von Sonntagabend 125 Dollar je Aktie – die Onyx-Aktie war am Freitag mit knapp 117 Dollar aus dem Handel gegangen. Das erste Angebot Ende Juni über 120 Dollar hatte das Onyx-Management noch als zu niedrig zurückgewiesen.

Fuson ist entschieden

Nun sind sich beide Unternehmen einig und rechnen bis zum Beginn des vierten Quartals mit einem Abschluss. Der US-Pharmariese Pfizer hatte Insidern zufolge von einer Offerte Abstand genommen, da Onyx durch den jüngsten Übernahmekampf deutlich teurer geworden ist.

Onyx hat Vielversprechendes zu bieten: Die Firma hatte 2012 das Blutkrebsmittel Kyprolis auf den Markt gebracht, dem Analysten Umsätze von mehr als zwei Milliarden Dollar zutrauen. Amgen erhält mit dem Zukauf die kompletten Rechte an diesem Medikament.

Ferner fließen dem Konzern nun die Erlöse zu, die Onyx aus der Zusammenarbeit mit Bayer bei den Präparaten Nexavar gegen Nieren- und Leberkrebs sowie Stivarga gegen Darmkrebs zustehen. Künftig könnten Lizenzgebühren eines Brustkrebsmittels hinzukommen, das federführend von Pfizer entwickelt wird.

Nachschub für die Pipeline

Amgen stockt mit der Übernahme die Produkt-Pipeline auf, nachdem die wichtigen Umsätze mit Mitteln gegen Blutarmut zurückgegangen sind. In der Krebsmedizin gehörte das Unternehmen bislang nicht zu den großen Adressen. Das einzige Produkt zur Krebsbehandlung – Vectibix gegen Darmkrebs – war für Amgen weitgehend eine Enttäuschung.

Andere Präparate zielen lediglich darauf ab, Nebenfolgen von Krebs oder der Behandlung zu lindern. Erst vergangenes Jahr hatte Amgen-Chef Bob Bradway in der Krebsmedizin in größerem Umfang zugekauft. 1,16 Milliarden Dollar kostete die US-Biotech-Firma Micromet, die ihre Wurzeln in Deutschland hat.

Die Biotechnologie-Branche ist für die großen Pharmahersteller ein wichtiges Nachschubreservoir geworden. Sie kaufen dort kräftig zu, um an neue Medikamente zu kommen. Auslaufende Patente setzen die Arzneimittelriesen unter Druck. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr in der Gesundheitsbranche Fusionen und Übernahmen über 93,6 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht – 30 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Zu den bislang größten Transaktionen zählen die 8,5 Milliarden Dollar schwere Übernahme der Pharma-Firma Warner Chilcott durch den Generika-Produzenten Actavis und der drei Milliarden Dollar teure Kauf von Human Genome Sciences durch den britischen Pharma-Riesen GlaxoSmithKline.

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