Kommentar Weg der Linkspartei: Das Ende der ewigen Opposition

Die SPD unverdrossen als Hauptgegner zu traktieren, und insgeheim auf Rot-Rot-Grün 2017 zu hoffen, ist töricht. Die Linkspartei braucht eine kluge Strategie.

Wohin will die Linkspartei? Wagenknecht, Bartsch und Gysi. Bild: dpa

Mittwoch war ein guter Tag für die Linkspartei. Das Bundesverfassungsgericht hat die hysterische Überwachung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz zumindest begrenzt. Und Gysi führt die Fraktion erst mal weiter allein, und nicht mit Sahra Wagenknecht. Denn die macht zwar in Talkshows bella figura, würde die Fraktion aber zielsicher ins politische Abseits führen.

Die entscheidende Frage aber ist noch immer offen: Wohin will die Linkspartei? Dass der Verfassungsschutz nun nicht mehr leichthändig Genossen überwachen darf, lobte die Linkspartei-Spitze zu Recht als westeuropäische Normalisierung. Es ist ein kleiner Schritt in dem endlosen Abschied von Kalter-Krieg-Reflexen.

Aber darin steckt auch eine Frage an die Partei: Will sie sich wirklich als eine ganz normale politische Kraft links der SPD etablieren? Will sie Teil eines Reformbündnisses oder will sie Fundamentalopposition sein? Will sie bloß Recht haben oder mit Kompromissen Deutschland verändern?

Die Genossen kokettieren gerne mit Robin Hood-Attitüden und mit dem Image, ganz anders als alle anderen zu sein. Vor allem der Wagenknecht-Flügel ordnet die Welt noch immer in übersichtliche Rastern. Forsch reklamiert man für sich die Emanzipation und den Frieden. SPD, Union und Grüne werden pauschal als neoliberal und Kräfte der Finsternis verachtet.

Doch wenn die Linkspartei den Parlamentarismus ernst nimmt, muss sie die reale Möglichkeit schaffen, auch mal zu regieren und darf sich nicht, wie bisher, in der Rolle der ewigen Opposition häuslich einrichten. Dafür muss sie ihre, vor allem im Westen gepflegten, Anti-SPD Affekte überwinden. Denn die SPD unverdrossen als Hauptgegner zu traktieren, und insgeheim auf Rot-Rot-Grün 2017 zu hoffen, ist töricht. Beides zusammen ist eine paradoxe Botschaft. Das Angebot zur Zusammenarbeit an Rot-Grün ist jedenfalls nicht mehr als ein PR-Coup, wenn man sie gleichzeitig mit schriller Rhetorik als Verräter brandmarkt.

Falls es zur großen Koalition kommt, wird die Linke als größte Oppositionsfraktion im Bundestag so wichtig sein wie nie zuvor. Denn die Linke wird Angela Merkel als erste Kontra geben. Dass dies nicht ohne Gregor Gysi geht, leuchtet ein. Gysi ist nicht nur der klügste Kopf der Partei, er ist auch der letzte Zentrist - und der Stoßdämpfer zwischen den Lagern, die sonst ungebremst aufeinander prallen. Denn die Spannungen zwischen den Flügeln sind nur aus den Schlagzeilen verschwunden. Es gibt sie noch immer.

Gerade für den Fall, dass es zu einer großen Koalition kommt, droht der Linkspartei damit ein Regressionsschub, ein Rückfall in alte Anti-SPD-Muster. Gefragt ist deshalb eine kluge, flexible Strategie. Die Partei muss gleichzeitig schlagkräftige Opposition im Bundestag sein - und Brücken Richtung SPD bauen.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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