Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Claudia Roth weckt das Interesse von RTL, die SPD bewirbt sich als Merkels „Sozialbeirat“, und BMW könnte auch Dampfloks bauen.

Kleine Spende – dann klappt's auch mit der Dampflock. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der Rummel um die katholischen Bettelmönche übergeht souverän die Frage nach dem mündigen Christen, der einfach mal austritt und es besser macht.

Was wird besser in dieser?

Claudia Roth als Vizepräsidentin. Die Gefahr wächst, dass RTL zumindest die Sitzungspausen mit ihren Conferencen live überträgt.

Am Sonntag entschied die SPD-Basis, dass sie wieder mit den Schwarzen gehen will. Hatte sie wirklich eine Wahl?

Wahl ja, Wahlprogramm nein. In den Sondierungen wurden Steuerreform und Betreuungsgeld bereits abgeschliffen, und das Zentralthema Europa kommt in den „10 Punkten“ der SPD als letztes vor. Die SPD bewirbt sich als Merkels Sozialbeirat. Wenn Links und Grün Mitgliederbefragungen machen würden, ob die SPD in der Opposition mitmachen darf: mit den Inhalten klares Nein.

Die Grünen haben es nicht zu Koalitionsverhandlungen geschafft. Eine verpasste Chance?

Na ja, das war ja wie Krötenschlucken für Veganer, also mit Dinkelkrötenbrätling. Die dicke Steuerreform machen, an der die FDP versagt hatte? Eurobonds und Verteilungsgerechtigkeit in Europa: Das wären so Punkte, für die man mit dem Teufel tanzen müsste. Stattdessen ein sensationell unklarer grüner Gast mit allerhand Wünschen nach nettem Beiwerk. Eine Koalition, ohne dafür von der Union ein dickes Opfer abzuholen – das wäre nur die Bewerbung, die dritte Kerbe in Merkels Colt werden zu dürfen. Gut gelaufen bisher.

Es beginnt schon das Geschacher um Posten in der zukünftigen Regierung. Ursula von der Leyen ist Ärztin und will alles machen außer Gesundheitsministerium. Warum wollen Politiker nicht das Amt, in dem sie sich endlich mal wirklich auskennen?

Die leiten Politikproduktionsbehörden und vor allem: Themenmaschinen. Von der Leyen kann das besonders gut, Rösler als Mediziner hingegen wusste auch, warum er aus dem Gesundheitsministerium floh. In der Idee vom Fachpolitiker, der seine berufliche Erfahrung in Politik umsetzt, schlummert die deutsche Sehnsucht nach einer Expertokratie. Das bedient Frau Merkel mit ihren „alternativlosen“ Glaubenssätzen. Umgekehrt müsste man das Außenministerium grundsätzlich mit Diplomaten besetzen oder gleich Ausländern. Hey, gute Idee!

Die Union hat nach der Wahl fast 700.000 Euro gespendet bekommen von Familie Quandt, der fast die Hälfte von BMW gehört. Die Kanzlerin hat jetzt dafür gesorgt, dass es keine schärferen Abgasregeln für Autos in der EU gibt. Zufall?

Nein, Glück – für BMW. Die sind mit dem bisschen Geld aus dem Schneider, Mercedes dagegen muss Staatskarossenminister von Klaeden durchfüttern. Womöglich beantragt Benz Betreuungsgeld für den Lümmel. Also kein Zufall, sondern Unfall – das ist ja wie eine Prämie auf den Bau von Dampfloks zu zahlen, während der Weltmarkt längst Elektroloks verlangt. Erinnerung: Die deutschen Hersteller lieferten längst Katalysatoren in alle Welt, als sie Umweltminister Töpfer noch erzählen wollten, es bräuchte Steuergeschenke, um so was unter einen Inlandsbenz zu schrauben.

Der Chef der Jungen Liberalen tritt zurück, weil seine Parteifreunde so gemein zu ihm waren. Was ist die nächste Mitleidaktion der FDP?

Es verblüfft – er geht wegen Mobbing; bisher dachte ich, dass man wegen der hohen Mobbingkompetenz dort zu den Jungen Liberalen hingeht. Es könnten erstmals Europawahlen knapp überm Hirntod werden im kommenden Mai, wenn es ohne 5-Prozent-Hürde den Idealvergleich FDP/AfD geben wird. Übrigens: Was können die Grünen Frau Leutheusser bieten? Nicht warten, bis sie nur noch als Hamm-Brücher-Double bei Jauch rumsitzt!

Die Moderatoren vom Dschungelcamp haben den Comedy-Preis abgelehnt aus Respekt vor ihrem verstorbenen Komoderator Dirk Bach. Auf Druck von RTL nahmen sie ihn dann doch an. Was ist für den Sender so beängstigend daran, wenn seine Moderatoren Haltung zeigen?

Den wunderbaren Dirk Bach hatten sowohl der Deutsche Fernsehpreis als auch der Comedypreis postum zu ehren vergessen. Da bei diesen Anlässen üblicherweise im Heuchel gebadet wird, weiß ich auch nicht, ob das nicht alles gut so und seiner würdig ist.

Und was machen die Borussen?

Bochum schizophren. Mal ab von deren Kampf um das Tabellenende der Zweiten Liga – da laufen samstags die Leute mit Schalke-, Dortmund- und VfL-Flaggen durch die Stadt, dass man irre wird.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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