Kommentar Koalition und Lohngleichheit: Worte, die sich gut anhören

Sie wollen die Lohnlücke von 23 Prozent schließen. Prima. Nur dafür wäre ein Kulturbruch nötig. Das dürfte die neue Koalition etwas überfordern.

Wer die Lohnungleichheit bekämpfen will, muss die Minijobs abschaffen Bild: dpa

Gleiches Geld für gleiche Arbeit. Die neue Koalition will es wahr machen: Schluss mit den durchschnittlich 23 Prozent Lohnunterschied, den Frauen gegenüber Männern einstecken müssen. Großartige Idee. Wie erfolgreich wird sie sein?

Betrachtet man allein, worauf sich die UnterhändlerInnen von Union und SPD gerade geeinigt haben – etwa auf mehr Gehältertransparenz –, könnte man meinen, da tut sich was. Künftig soll nämlich nicht mehr die Erwerbsbiografie Ausschlag dafür geben, wie viel jemand verdient. Sondern allein die Arbeit, die er oder sie leistet. Das heißt: Eine Frau, die nach drei Jahren Erziehungszeit in den Job zurückkehrt, soll das Gleiche verdienen wie der Kollege, der den gleichen Job macht – nur eben drei Jahre länger.

Klingt nach Sozialismus: Alle sind gleich. Warum soll heute funktionieren, was vor knapp einem Vierteljahrhundert gescheitert ist? Der Widerstand in den Unternehmen formiert sich bereits, Arbeitgeberverbände erteilen der Idee eine Absage. Darüber hinaus werden sich ArbeitnehmerInnen ohne längere Auszeit zu Recht beklagen, dass das alles nicht gerecht sei.

Wer wirklich etwas gegen Lohnungleichheit machen will, muss die unsäglichen Minijobs abschaffen, Teilzeit reduzieren, das Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle nach der Familienphase gesetzlich festklopfen. Der muss für genügend Kitaplätze sorgen und in sogenannten Frauenberufen das Lohnniveau anheben. Die vielfach als minderwertig angesehenen Jobs in Pflege und Erziehung sowie die Teilzeitarbeit, die Frauen bis heute häufig sogar freiwillig akzeptieren, sorgt für die größte Lohnlücke.

Das zu ändern käme einem Kulturbruch, einem Paradigmenwechsel gleich – der nicht so leicht zu machen ist, wie die Koalitionäre das gerade verkaufen. Zumindest wenn die Absicht, ein Mehr an Gerechtigkeit zu schaffen, ernst gemeint ist.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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