Abschiebung von Arbeitsmigranten: Ausländer raus, sagt Saudi-Arabien

Zehntausende „illegale“ Einwanderer, überwiegend aus Äthiopien, sitzen in Abschiebehaft. Derweil nimmt die fremdenfeindliche Gewalt im Land zu.

Cafe-Besucher in Riad. Viele wollen lieber unter sich bleiben. Bild: dpa

BERLIN taz | Saudi-Arabien ist traditionell ein bevorzugtes Einwanderungsland für Arbeitsmigranten aus Asien und Afrika. 9 Millionen von 27 Millionen Einwohnern haben einen Migrationshintergrund, eine der höchsten Raten der Welt. Jetzt wird brachial aufgeräumt. Seit am 4. November eine im April gesetzte und mehrfach verlängerte Frist zur Legalisierung ablief, sind Zehntausende Migranten inhaftiert worden.

Bis Dienstag wurden rund 23.000 Äthiopier und 10.000 Migranten aus anderen Ländern festgenommen und teils unter sengender Hitze in Abschiebezentren gebracht, berichten lokale Medien, die meisten davon in der Hauptstadt Riad. Die wirkliche landesweite Zahl ist möglicherweise höher: In einem Bericht hieß es, allein in Mekka seien 20.889 Menschen aus Äthiopien, Ägypten, dem Jemen und Indonesien inhaftiert worden.

Am Mittwoch landete ein erstes Flugzeug mit Abgeschobenen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Weitere Abschiebeflüge sind geplant. Die äthiopische Regierung hat ihre Botschaft in Saudi-Arabien aufgestockt, um die Registrierung ihrer Staatsbürger vor der Abschiebung zu beschleunigen.

Berichten aus Saudi-Arabien zufolge durchsuchen Inspekteure des Arbeits- und Innenministers seit dem 4. November alle Betriebe auf der Suche nach nicht gemeldeten Arbeitern. Rund 900.000 Migranten haben dieses Jahr nach amtlichen Angaben Saudi-Arabien bereits verlassen, darunter 100.000 Jemeniten. Etwa 4 Millionen „Illegale“ wurden legalisiert, indem ihre Arbeitgeber für sie bürgten, darunter rund 38.000 Äthiopier. Die Regierung sagt, sie wolle mehr Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung schaffen – offiziell liegt die Arbeitslosenquote in Saudi-Arabien bei 12,5 Prozent, inoffiziell bei 30.

Polizei geht mit Gewalt vor

Die Razzien und Massenabschiebungen gehen mit Gewalt einher. Am 10. November gab es im Riader Stadtteil Manfuha drei Tote bei Polizeirazzien. Nach äthiopischen Angaben seien wütende Migranten auf die Straße gegangen und von saudischen Jugendlichen angegriffen worden. Das äthiopische Außenministerium erklärte, es gebe „keine Rechtfertigung“ für die „Tötung unschuldiger Zivilisten“.

Manfuha ist ein Armenviertel im Süden der Hauptstadt, wo vor allem Afrikaner leben. Seitdem gibt es immer wieder Zusammenstöße. Am Mittwoch wurde ein Sudanese getötet. Aus mehreren saudischen Städten wurden am Donnerstag Straßenblockaden aufgebrachter Äthiopier gemeldet. Im Internet zirkulieren unzählige fremdenfeindliche und rassistische Kommentare von Saudis, die die Abschiebepolitik rechtfertigen.

Äthiopien ist eines der ärmsten Länder der Welt, Saudi-Arabien eines der reichsten. Ohne die Fremdarbeiter würde die saudische Wirtschaft zusammenbrechen. Die Saudi Gazette berichtete bereits, dass Schulaufseher und Schulbusfahrer fehlen. Um die heiligen Stätten von Mekka türme sich der Müll. Nach Angaben eines Unternehmerverbands haben 40 Prozent der kleineren Baufirmen in Saudi-Arabien die Arbeit einstellen müssen.

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