Parlamentswahl in Mali: Ungeduld mit der Regierung

Drei Monate nach der Präsidentschaftswahl wird in Mali ein Parlament gewählt. Die damalige Euphorie ist allerdings bereits verflogen.

Ein Anhänger Ibrahim Boubacar Keitas (IBK), der im August zum Präsidenten gewählt wurde. Bild: dpa

BERLIN taz | Bürgerkriege haben auch ihr Gutes: Die Zahl der Verkehrstoten in Mali ist im Kriegsjahr 2012 im Vergleich zum friedlichen Vorjahr drastisch gesunken, von 800 auf 536. Mehrere Minister der neuen malischen Regierung nutzten am Montag einen der letzten Wahlkampftage dazu, in der Hauptstadt Bamako anlässlich des „Nationalen Verkehrsopfergedenktages“ feierliche Reden zu halten und zur Einhaltung von Recht und Gesetz aufzufordern.

Mehr als alle Nachrichten über andauernde Unsicherheit im Norden Malis unterstrichen diese Politikerauftritte, in welch begrenztem Rahmen sich Regierungshandeln derzeit abspielt.

Malis Parlamentswahlen am kommenden Sonntag sollen einen weiteren Schritt zur Normalisierung darstellen, nach der Wahl des Altpolitikers Ibrahim Boubacar Keita (IBK) zum Präsidenten im vergangenen August. IBK war als „starker Mann“ aufgetreten, der durch Unnachgiebigkeit gegenüber Rebellen im Norden nach dem Chaos der jüngsten Vergangenheit wieder Ordnung stiften wollte.

2012 war Mali zerfallen, als Tuareg-Rebellen die Nordhälfte des Landes unter dem Namen „Azawad“ für unabhängig erklärten und dann von bewaffneten Islamisten verdrängt wurden, während in der Südhälfte das Militär putschte und die gewählten Institutionen zerschlug. 2013 soll Mali wieder genesen, nachdem erst eine französische Militärintervention im Norden die Islamisten verjagt hat und jetzt die Wahlen die Demokratie wiederherstellen sollen.

Aber IBK hat in drei Monaten weniger erreicht als erhofft, und nun wächst die Ungeduld. „Die Wähler hatten geglaubt, dass er die Scheiße im Norden im Handumdrehen aufräumt“, kommentierte am Mittwoch die Zeitung Le Zénith-Balé, „aber falls es zwischen den Sozialisten IBK und François Hollande dazu einen Deal gegeben hat, besteht er darin, der MNLA [der größten Tuareg-Rebellenbewegung im Norden] kein Haar zu krümmen.“

Verschiebung der Wahl ist nicht erwünscht

Erst am vergangenen Donnerstag gab die MNLA die Regierungsgebäude in der nordmalischen Stadt Kidal wieder ab, die sie nach dem Abzug der Islamisten mit Frankreichs Wohlwollen besetzt hatte – und zeigte damit, wie wenig Macht der Staat dort bislang hat. Aber auch die MLNA hat wenig Macht, wie sich am 2. November erwies, als in Kidal zwei französische Journalisten verschleppt und getötet wurden.

Forderungen, die Parlamentswahl wenn nicht in ganz Mali, dann doch wenigstens in Kidal zu verschieben, erteilt die Regierung ebenso wie der Großteil der Opposition bisher eine Absage. Mali, so der Konsens, braucht dringend stärkere Institutionen.

Das Land streitet nicht nur über die Krise im Norden. Kontroversen gibt es auch um das Familienrecht, das 2009 in islamisch-konservative Richtung reformiert worden war, sowie um Landfragen, nachdem in den vergangenen Jahren Berichten zufolge zahlreiche zweifelhafte Landverkäufe über den Kopf der Bevölkerungen hin getätigt worden sein sollen, ermöglicht durch unklare Verhältnisse in Bamako. Das Begehren der Tuareg im Norden nach mehr Autonomie findet seine Entsprechung im Süden im Wunsch zahlreicher Gemeinden, über solche Dinge in Zukunft selbst entscheiden zu können.

Wie schwach der Staat selbst in Bamako ist, zeigte sich am Dienstag, als der Putschist von 2012, Amadou Sanogo, wegen des Verschwindenlassens von Soldaten vor Gericht aussagen sollte. Er kam nicht und teilte mit, als „Expräsident“ brauche er das auch nicht. Der Richter Yaya Karembé sagte dazu, niemand stehe über dem Gesetz. Er erhält jetzt mit seiner Familie Personenschutz und verbringt die Nacht an einem geheimen Ort.

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